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Gelassen sein ist der Neujahresvorsatz unseres Autors - und das auch im "Kramzimmer".

© dpa/picture-alliance

Was macht die Familie?: Cool bleiben und kramen

Gelassener werden - das ist der Vorsatz unseres Autors für das neue Jahr. Doch die erste Herausforderung steht schon bevor: das "Kramzimmer" muss in ein Kinderzimmer verwandelt werden.

Mehr Sport treiben? Weniger arbeiten? Mich gesünder ernähren? Alles Quatsch, mein Neujahrsvorsatz lautet: gelassener sein. Wenn meine Tochter Jola sich mal wieder weigert, eine Windel (oder eine Jacke oder eine Strumpfhose oder Hausschuhe) anzuziehen, fällt es mir nicht immer leicht, entspannt zu bleiben. Dasselbe gilt für ihre Lieblingsgeschichte „Bobo auf dem Bauernhof“, die ich bereits mehrere hundert Mal vorgelesen habe. Der Grad meiner Gelassenheit wird zudem massiv von externen Faktoren beeinflusst, besonders hervorzuheben ist dabei die Nachtschlafdauer. Als Faustregel gilt: Die Länge der Nacht verhält sich proportional zur Länge des Geduldsfadens.

Mit dem Konzept „Gelassenheit“ kann Jola im Alter von zweieinhalb Jahren naturgemäß wenig anfangen. Wenn sie etwas aufregt, ärgert oder erfreut, muss das sofort raus. Die Sätze, die ihr in Momenten der Empathie („Tilda hat eine Krankung“), der Entrüstung („Vasco räubert immer die Kinder an“) oder der Erkenntnis („Der Sommer ist kaputt“) entfahren, entschädigen mich für einiges.

"Kramzimmer" strapaziert die Gelassenheit

Zum Glück gibt es noch andere Projekte, die ich 2015 anpacken kann. Ganz oben auf der Liste steht Jolas Kinderzimmer, das seit unserem Umzug den Namen „Kramzimmer“ trägt. Für jede ausgepackte Kiste scheinen drei neue Kartons aus dem Dielenboden zu schießen. Wir haben keinen Keller, all unsere Besitztümer müssen also innerhalb unserer vier schiefen Wände untergebracht werden. Jeder Fortschritt in einem anderen Teil der Wohnung hat deswegen leider Rückschläge im Kramzimmer zur Folge.

Ich glaube inzwischen an einen Fluch. Neulich haben mein Bruder und ich versucht, die schiefe Schiebetür des Kleiderschranks richtig einzuhängen. Das Resultat einer Stunde schwerer Arbeit: eine schiefe Schranktür, Blutflecken auf dem Teppich und massive Verluste auf meinem Gelassenheitskonto. Meine Tochter sieht das wesentlich entspannter. Wofür braucht sie ein Kinderzimmer, wenn im Flur eine Schaukel hängt und sie im Rest der Wohnung herumklabautern kann? Kurz vor Weihnachten besuchten wir Freunde, nach einer kurzen Wohnungsbesichtigung fragte Jola: „Wo ist das Kramzimmer?“

Vielleicht kann mir das Ringen mit dem Kramzimmer sogar dabei helfen, gelassener zu werden. Eine buddhistische Weisheit besagt: „Die Übung in Geduld bewahrt uns vor dem Verlust der Gelassenheit.“ Als kleines Experiment in Demut lese ich jeden Morgen gleich nach dem Aufstehen drei Mal „Bobo auf dem Bauernhof“. Alleine.

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