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Was macht die Familie?: Das Geld zusammenhalten

Wie ein Vaterdie Stadt erleben kann

Im Vergleich mit den Summen, die unter den europäischen Marktteilnehmern so herumjongliert werden, sind die Finanztransfers in unserer Familie noch einigermaßen überschaubar. Mit ihren bislang kleinen Vermögen, über die unsere beiden Töchter verfügen, neigen sie aber bereits zu einer Großzügigkeit, die man als Vater mit einer gewissen Besorgnis zur Kenntnis nimmt. Klein-Greta, die mit knapp fünf Jahren noch kein festes Taschengeld bekommt, gelingt es kaum, ihre bescheidene Sammlung von Ein- bis Fünf-Cent-Stücken zusammenzuhalten. Was nicht sofort in die Sparbüchse gesteckt wird, luchst ihr entweder ihre große Schwester ab oder gleitet ihr beim Spielen aus der Hand und rollt in jeden unzugänglichen Winkel unserer Wohnung.

Emma, unsere Neunjährige, gibt ihr Geld zurzeit bevorzugt für Sticker aus, die sie freigiebig an Schulkameradinnen verteilt. Freimütig bekennt sie, sich mit kleinen Geschenken die Freundschaft zu erhalten. „Ich will nicht, dass du mit deinem Geld die Stickeralben deiner Freundinnen füllst“, ermahne ich sie. Doch der Aufruf zur Ausgabendisziplin verhallt offenbar wirkungslos. Als Emma am Abend vor dem Schlafengehen einen Fünf-Euro-Schein und etwas Kleingeld aus ihren Portemonnaie zieht und damit ein leeres Marmeladenglas befüllt und es in die Schultasche stecken will, stelle ich sie zur Rede. Das sei für die Bandenkasse, die sie mit ihren Freundinnen anlegen wolle, erklärt sie. Ich bin sprachlos. Meine Frau nicht. Sie ist Italienerin – und naturgemäß nie sprachlos. Als strenge Hüterin der Zentralbank unseres Haushalts verweigert sie die Kreditvergabe – der wirksamste Hebel gegen die drohende Schuldenkrise. Emma zeigt sich unbeeindruckt und macht unbeglichene Forderungen geltend. „Ihr schuldet mir noch sechs Euro Taschengeld“, sagt sie. Und mit ihrem Geld könne sie schließlich machen, was sie wolle. Meine Frau ist anderer Meinung.

Und ich denke nur still bei mir, wie gut, dass unsere Kinder nicht wissen, wie tief wir tatsächlich bei ihnen in der Kreide stehen. Stephan Wiehler

Am 28. Oktober ist Weltspartag.

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