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Was macht die Familie?: Familienausflüge ohne Familie

Wie eine Mutter die Stadt erleben kann.

Klar könnte ich an dieser Stelle Tipps für Familienausflüge geben. Massenhaft! Frühlingsfest in der Domäne Dahlem, Zoo Eberswalde, Kiesgrube im Grunewald, Vogelpark Teltow und so weiter. Aber die eigentlich interessante Frage lautet doch ganz anders: Wie motiviere ich die Familie zum Familienausflug?

Uns gelingt das praktisch nie. Wir können vorschlagen, was wir wollen, die oben genannten oder andere Ziele, wahlweise mit dem Auto oder dem Fahrrad, wahlweise jetzt oder in einer Stunde, wahlweise mit Freund X oder ohne – wir ernten nur Gejammer und Gejaule. Alles langweilig, doof, zu anstrengend, eine Zumutung! Am vergangenen Sonntag schlugen die Kinder statt dessen Legoland (teuer und dunkel) oder Kino (noch dunkler) vor – und das bei strahlendem Sonnenschein.

Wenn wir das Gejaule nicht mehr hören können, tun der Kindsvater und ich das, was wir vermutlich unsere ganze gemeinsame Rentenzeit hindurch tun werden: Wir schwingen uns aufs Fahrrad und fahren allein los. Der Einfachheit halber lassen wir uns von dem Tourenführer „Mit Kindern unterwegs“ inspirieren und radeln an allerhand Streichelzoos und Spielplätzen vorbei. Am Sonntag nahmen wir einen südlichen Abschnitt des Mauerradwegs und landeten auf dem Fliegeberg in Lichterfelde, von dem aus Otto Lilienthal seine ersten Flugversuche unternommen hat. Da weinten wir kurz beim Gedanken, wie lehrreich und interessant dieser Ausflug für unsere Kinder gewesen wäre.

Wenn wir rüstigen Rentner dann zurückkommen, um Jahrzehnte verjüngt, die Körper vollgepumpt mit Sonne und Sauerstoff, vibrierend vor Vitalität, treffen wir auf unsere bleichen, früh gealterten Couch-Kinder. Manchmal haben sie sich in der Zwischenzeit mit anderen Couch-Kindern zum Couch-Besuch verabredet. Der Große macht auch eigene Ausflüge mit Kumpels zu eher unspektakulären Zielen („wir waren Wilmi“, „wir waren Adenauer“). Der Kleine hat letztes Mal immerhin die „Titanic“ aus Papier gebaut. Aber wo bleibt der Familiengeist?

Eines ist mir unerklärlich: Auf unseren Rentner-Touren begegnen wir immer mal wieder Familien, die gut gelaunt und vollständig vor sich hinradeln, ein Bild der Freude und Harmonie. Was machen diese Eltern anders? Brüllen sie nur lauter? Verprügeln sie die Kinder vorher mit dem Staubsaugerrohr? Oder versprechen sie ihnen zusätzlich zum Eis ein neues Smartphone? Ich erbitte sachdienliche Hinweise. Massenhaft! Dorothee Nolte

„Titanic“ in 3-D (ab 12 Jahren): ab 5. April im Kino. Für unternehmungslustige Familien ist „Unterwegs mit Kindern in Berlin-Brandenburg“ von Carsten und Bettina Rasmus ein prima Führer. Hinweise zur Familienmotivation an Dorothee.Nolte@tagesspiegel.de

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