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Ein netter Fuchs?

© dpa

Was macht die FAMILIE?: Füchse aus der Wohnung werfen

Von netten und weniger netten Tieren

Die Fuchs-Obsession begann mit einem Besuch im Puppentheater. Mein damals Zweieinhalbjähriger ging mit der Kita-Gruppe zu Hans Wurst Nachfahren. Auf der Internetseite des Theaters gab es ein kleines Video dazu, eine Art Trailer. Den guckten wir Eltern uns am Abend an. Es ging um ein dummes Huhn, das eine unfreundliche Ratte für einen Fuchs hält. Eine Fuchsmarionette kam anscheinend gar nicht vor.

Der Krabbeltunnel wird zum Fuchsschutz

Trotzdem tummelten sich danach wochenlang imaginäre Füchse in unserer Wohnung. Mein Sohn zog mich etwa ins dunkle Badezimmer und bestand darauf, dass wir die Tür hinter uns zuzogen: „Ein Fuchs kommt. Der soll nicht rein.“ Er legte den Krabbeltunnel als Fuchsschutz vor die Wohnzimmertür. Er fand Füchse in der Ecke neben der Spülmaschine und in seinem Pappkarton-Spielhaus, das im Wohnzimmer steht.

Da kam ich darauf zu fragen: „Wie groß ist der Fuchs denn?“ Mein Sohn zeigte mit zwei Fingern einen sehr kleinen Fuchs, etwa Schleich-Tier-Größe. Ich packte also den Mini-Fuchs beim Schlafittchen und setzte ihn vor die Wohnungstür: „Los, geh zurück in den Park.“, sagte ich. Als ich eine kurze Fuchs-Doku auf YouTube anmachte, um die Obsession durch Aufklärung zu entschärfen, wurde alles noch schlimmer. Darin wurde nämlich erklärt, dass Füchse niedliche kleine Kaninchen fressen.

Wir waren oft eine Fuchsfamilie

Auch das Lied „Fuchs du hast die Gans gestohlen“ war Teil der ganzen Sache. Immer wieder musste ich es singen und mein Sohn hörte mit wohligem Grusel zu. Je häufiger ich „sonst wird dich der Jäger holen mit dem Schießgewehr“ sang, desto weniger mochte ich das Lied (Jäger wurden dann zur nächsten großen Sache und schießen wurde sein Synonym für „töten“: „Papa hat die Tomaten geschießen“, sagte er, nachdem sein Vater unsere Tomaten auf dem Balkon völlig überdüngt hatte und wir die braunen, toten Pflanzen nur noch entsorgen konnten).

Füchse kamen in dieser Zeit oft auch im Lieblingsspiel meines Sohnes vor. Das Spiel geht so: Man nehme eine Tierart, egal welche. Sagen wir Schaf. Dann wird die Schaf-Familie durchdekliniert: Mama ist das Mama-Schaf, er selbst ist das Baby-Schaf (inzwischen, ein halbes Jahr und einen Sprachentwicklungssprung später: das Lämmchen) „und Papa-Schaf ist bei der Arbeit“. Wir waren oft eine Fuchsfamilie. „Aber eine nette.“ Ich bastelte ihm eine Fuchsmaske, mit der er gern durch die Wohnung lief´.

Brot statt Hühnern

Inzwischen waren auch die imaginären Füchse „nette Füchse“, die nicht mehr rausgeworfen sollten. Stattdessen stellte er ihnen Brot in einer kleinen Schüssel vor den Spalt neben der Spülmaschine hin, damit sie keine Kaninchen essen mussten. Die Idee hatte er aus dem Astrid-Lindgren-Klassiker „Tomte und der Fuchs“, in dem ein Wichtel einen hungrigen Fuchs in einer Winternacht mit seiner Grütze versorgt, damit er die Hühner verschont. Es wurde zum Lieblingsbuch. Ich ging dann auf die Suche nach weiterer Literatur – am besten über „nette Füchse“. Und fand ein tolles Buch, ganz ohne Worte, über einen Fuchs, der ein Huhn klaut und sich eine wilde Verfolgungsjagd mit den Freunden des Huhns liefert (Bär, Hahn und Hase). Am Ende frisst er das Huhn aber nicht etwa, sondern die beiden haben sich ineinander verliebt. Schließlich trinken Fuchs und Huhn gemeinsam mit den Verfolgern vor dem Kamin des Fuchsbaus Tee.

Das Fohlen will auf dem Rücken der Stute reiten

Als wir dann bei einem sommerlichen Spaziergang im Botanischen Garten einen Fuchs entdeckten, der zwischen den Pflanzen auf einem Hügel saß – am helllichten Tag – und wie ein Hund an etwas kaute, waren wir Eltern ganz aufgeregt: Endlich konnten wir unserem Kind einen echten lebendigen Fuchs zeigen. Unser Kind saß auf Papas Schultern, guckte sich das Tier kurz an – und wollte dann doch lieber schnell wieder Laufrad fahren. Füchse sind seitdem kein großes Thema mehr. Bei seinem Lieblingsspiel geht es im Moment meist um Pferde: „Ich bin das Fohlen, du bist die Stute und Papa ist der Hengst.“ Und dann will das Fohlen auf dem Rücken der Stute reiten.

Das Theaterstück mit Ratte und Huhn steht in den nächsten Monaten nicht auf dem Spielplan von Hans Wurst Nachfahren am Winterfeldtplatz in Schöneberg, dafür aber der Grüffelo, der auch bestens geeignet ist, eine kindliche Obsession hervorzurufen (www.hans-wurst-nachfahren.de). Der Botanische Garten hat im Juli von 9 bis 21 Uhr geöffnet, im August bis 20 Uhr; „Der Hühnerdieb“ ist von Béatrice Rodriguez, Peter Hammer Verlag.

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