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Was macht die Familie?: Krimis vorlesen

Wie eine Mutterdie Stadt erleben kann

An jedem Sonntagabend das gleiche Theater: Jan und Josefine sind stinksauer. Sie fühlen sich abgeschoben, weil die Eltern „Tatort“ im Fernsehen schauen wollen, was beim besten Willen nichts für Zehnjährige ist. Aber die beiden haben so ihre Methoden gegenzusteuern, denn ohne abendliches Vorlesen geht bei ihnen gar nichts, schon gar keine Nachtruhe. Der Trick funktioniert so: „Och, nur ein paar Seiten …!“ Und dann ist dem TV-Kommissar ohnehin seine Leiche vor die Füße gefallen, bekanntermaßen in den ersten acht Minuten des Fernsehkrimis.

Auch bei Jan und Josefine wird es um diese Zeit richtig spannend, vor allem gemütlich, unter der warmen Bettdecke. Seitdem wir Rico und Oskar von Andreas Steinhöfel entdeckt haben, fällt es auch dem Vorleser zunehmend schwer, das Buch wegzulegen. Josefine weiß warum: Die Jagd der beiden nach den „Tieferschatten“ ist eben auch eine Art Krimi, nur für Kinder, mit dem „tiefbegabten“ Rico und dem schlauen Oskar als selbst erklärten Kommissaren im Großstadtrevier Berlin. Ähnlich lässt Jo Nesbö in Oslo seine Helden, den winzigen Bulle und die kluge Lise, mit Doktor Proktor Abenteuer bestehen. Lokales Kolorit macht sich auch in Kinderbüchern gut. Josefines nächstes Reiseziel steht ganz klar fest: die norwegische Hauptstadt, um die berühmte Kanonenstraße zu besuchen, in der Nesbös Helden wohnen. Die „Dieffe“ von Rico müssen wir uns auch noch angucken, Oskars Ansbacher Straße kennen wir schon, denn die ist bei uns in Schöneberg.

Der größte Spaß besteht natürlich darin, sich alles vorzustellen, die Geschichten zu lesen, genauer: sich abends im Bett vorlesen zu lassen. Zuletzt erklärten Jan und Josefine: Na, bis zwölf Jahre wollten sie das Ritual beibehalten. Glück für die Vorleserin – und ihre Zuhörer. Laut einer aktuellen Studie soll Vorlesen immens wichtig für die Entwicklung von Kindern sein. Vielleicht lässt sich angesichts solcher Erkenntnisse auch Andreas Steinhöfel erweichen, die Rico-und-Oskar-Geschichten fortzusetzen. Nicola Kuhn

Letzter Teil der Trilogie: Andreas Steinhöfel, „Rico, Oskar und der Diebstahlstein“, Carlsen Verlag Hamburg, 327 Seiten, 12,90 Euro.

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