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Was macht die Familie?: Latein üben

Wie eine Mutterdie Stadt erleben kann.

Ich muss ehrlich sagen, als ich las, dass Papst Benedikt zurücktreten würde, war ich einen Moment lang in Sorge. Nicht, dass ich das dem Mann nicht gegönnt hätte. Zeit für Studien, Spaziergänge im Garten von Castel Gandolfo – einem 86-Jährigen steht das nun wirklich zu. Aber mich beschlich eine Sorge: Was wird bloß aus dem Papst-Twitter? Immerhin hatte Benedikt seine Kurzbotschaften nicht nur auf Englisch, Französisch oder Deutsch um die Welt geschickt, sondern auch auf Lateinisch. Eine schöne Idee, denn wo können Lateinschüler sonst noch im Alltag diese Sprache üben?

So wie meine Tochter. Seit Anfang dieses Schuljahres lernt sie Latein. Ich möchte betonen: aus eigenem Antrieb. Und mit Lust! Ich finde das höchst beachtlich. Denn auch ich habe wertvolle Jahre meines Lebens mit Cicero, Tacitus und Julius Cäsar verbracht. Und was ist mir geblieben? Den Anfang von Cäsars Kriegsbericht aus Gallien bekomme ich gerade noch zusammen. „Gallia est omnis divisa in partes tres“, „Gallien ist als Ganzes gegliedert in drei Teile“. Nun ja, stimmt heute auch nicht mehr. „Tempus fugit“, die Zeit vergeht. Aber ganz ehrlich: Muss man solche Dinge in Zeiten des Internets wirklich wissen? Inzwischen gibt es ja den Google-Übersetzer selbst auf Lateinisch. Leider ist sein Nutzen begrenzt. „Alle Gallien ist in drei Teile gegliedert“, übersetzt die Maschine. Setzen. Sechs.

Dabei kann ich das Programm durchaus verstehen. Latein, finde ich, ist keine Sprache, sondern eher ein in Grammatik gegossenes Sudoku. Linda sieht das anders. Sie übersetzt Geschichten von Piraten, die Schätze rauben, und von Claudia, die am Fenster auf Gäste wartet. Wahrscheinlich wird sie „De Bello Gallico“ demnächst heimlich im Bett mit der Taschenlampe lesen. Spannender Stoff, cool, krass, fett, lol.

Lol? Seit einiger Zeit spricht das Kind in Zungen. Mit Latein hat das nichts zu tun, eher mit dem Handycode. Lustiges ist lol (laughing out loud), Erstaunliches ist wth (what the hell) oder omg (oh my god). Toller Code, aber wenn selbst ich ihn kenne, wäre es wohl Zeit für etwas Neues. Wie wäre es mit Latein? Lässt sich auch super simsen oder twittern. Omd (o mi deus) statt omg, rav (ridentem alta voce) statt lol (Latein-Lehrer bitte nachsichtig sein, habe den Google-Übersetzer benutzt!). Vielleicht bringt uns auch der Vatikan weiter. Denn – welch Glück! – auch der neue Papst twittert in Latein. Vielleicht könnte Franziskus den neuen Handy-Sims-Code gleich mit einflechten. In diesem Sinne: OMD. Heike Jahberg

Prima, um Latein zu lernen, sind alle Asterix-Bände, vor allem die auf Latein.

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