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Was macht die Familie?: Lesefreunde finden

Wie eine Mutterdie Stadt erleben kann.

Letztens war eine Freundin von Josefine zu Besuch und meinte mit Kennerblick auf die Bibliothek: „Die Bücherwand sieht echt geil aus.“ Das hat dann auch unserer Tochter imponiert. Zum ersten Mal sah sie die beladenen Regalreihen mit anderen Augen. Aber das alles lesen? Bitte nicht. Als Elfjährige besitzt das Kind einen ganz eigenen Literaturgeschmack, zur Lieblingslektüre gehören „Die drei Ausrufezeichen!!!“: Abenteuergeschichten dreier superschlauer Mädels, Girlies, wie sie im Buche stehen, die Kriminalfälle lösen. Als Eltern muss man diese Begeisterung nicht unbedingt teilen. Umgekehrt fehlte vermutlich auch den eigenen Eltern damals das Verständnis für „Hanni und Nanni“ und die glühende Verehrung von Enid Blyton.

Das aktuelle Lieblingsbuch von Josefines Zwillingsbruder ist „Eragon“, auch wenn Jan es noch nicht gelesen hat. Das braucht er auch nicht. Er muss nur alles über den Autor Christopher Paolini wissen: wann er geboren wurde, was ihn inspirierte, wie viele weitere Bände der Serie es gibt. Den Rest besorgt sein Freund Laurenz, der den Wälzer wirklich kennt. Die beiden präsentieren den Fantasy-Roman ihrer Klasse. Jan stellt in seinem Kurzreferat den Schriftsteller vor, Laurenz den Inhalt. Bei den häuslichen Kostproben macht er das schon sehr souverän: feste Stimme, Blick abwechselnd auf die Karteikarte mit den Daten und dann wieder zum Publikum.

Doch dabei soll es nicht bleiben. Die 22 Kids der 6a haben sich etwas ausgedacht in ihrem Klassenrat. Ihr Lehrer wurde einfach überstimmt, er hat schließlich nur eine Stimme wie jeder Schüler. Buchvorstellung, wie sie im Lehrplan steht, gut und schön. Nach der gemeinsamen Lektüre von Andreas Steinhöfels Berliner Abenteuerroman „Rico und die Tieferschatten“ im vergangenen Schuljahr wollen die Kinder nun auch andere mit ihrer neu gewonnenen Leselust beglücken. Nicht nur den Lehrer und die Klassenkameraden, nein, dazu die Eltern, Geschwister, die Nachbarschaft, ach was, am besten die ganze Stadt – mit einem offiziellen „Literaturabend“.

Was das Haus der Kulturen während des Internationalen Literaturfestivals Berlin kann, das schafft Jans 6a auch im Kleinen. „10 Vorträge parallel!!!“ kündigt der Handzettel an. Rund um den Bayerischen Platz werden in den Geschäften Plakate geklebt und Flyer verteilt, damit die Massen kommen. Denn für den „Literaturabend“ steht die ganze Schule bereit: Das Publikum kann von Klassenraum zu Klassenraum wandeln, sich alle zwanzig Minuten eine andere Buchpräsentation anhören und zwischendurch Kaffee trinken. Das Selberlesen kommt dann irgendwann später. Nicola Kuhn

Literaturabend der 6a am 21. 9., 17–19 Uhr, Löcknitz-Grundschule, Berchtesgadener Str. 10 / 11, Schöneberg.

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