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Was macht die Familie?: Nie wieder Muttizettel

Wie eine Mutter die Stadt erleben kann

Ach, war das schön, fast so wie früher, als Charlotte noch jünger war. Da stand also meine beinahe volljährige Tochter vor mir und hielt ein Formular zur Unterschrift hin. Sie wollte ins Kino, und der Film endete erst wenige Minuten nach Mitternacht. Für so einen Fall brauchen Minderjährige nun mal eine Bescheinigung der Eltern, dass sie in Begleitung einer bestimmten erwachsenen Person unterwegs sein dürfen. Ich durfte also ein letztes Mal einen Muttizettel ausfüllen und sie unter die Obhut ihrer Freundin Anna stellen. Ich unterschrieb ganz besonders deutlich.

Manchen Ticketkontrolleuren oder Türstehern ist es vollkommen egal, dass der 18. Geburtstag kurz bevorsteht. Auch die Ärztin kümmerte das nicht, die sich wirklich zwei Tage vor dem Geburtstag weigerte, Charlottes Kiefer zu röntgen, da es keine schriftliche Einwilligung von uns Eltern gab. „Da kommst du eben später mit deiner Mutter noch einmal“, sagte sie, und der Fall war für sie erledigt. Für meine Tochter auch. Mutti oder Muttizettel mitbringen, ob zum Röntgen, Kino, Club – die Zeiten waren einmal.

Wer wählen gehen darf, kann auch sonst entscheiden, was er machen will und was nicht. Wir sind schließlich nicht in den USA, wo man mit 18 Jahren zwar in den Krieg ziehen oder die dicksten Waffen frei kaufen kann, aber nicht ein Weinchen mit Freunden trinken und im Club feiern darf. Aber das ist noch mal ein anderes Thema.

Da Mutter-Tochter-Beziehungen nie emotionslos gesehen werden können, muss ich mir jetzt selber klar sagen: Die Tochter ist volljährig, ich habe sozusagen im juristischen Sinne meinen Erziehungsauftrag erfüllt. Nüchtern betrachtet also eine völlig klare Sache. Aber diese rational zu erfassen und dann zu beherzigen, fällt nicht ganz leicht.

Na ja, den einen oder anderen guten Rat könnte ich vielleicht noch geben. Oder manchmal doch besser darauf verzichten. Das werde ich situativ entscheiden. Aber: Ich bin nicht mehr die Bestimmerin.

Selbstverständlich auch nicht mehr darüber, was künftig in dieser Kolumne stehen könnte. Oder sollte ich mir etwa vorher auf einem Tochterzettel ihr Einverständnis holen? Nein! Da lasse ich es doch lieber ganz. Mütter ohne die Bürde der Verantwortung können wunderbar im Hamam entspannen, etwa im Sultanhamam in Schöneberg. Vielleicht kommt die Tochter ja mit. Infos: www.sultanhamamberlin.de

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