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Berlin: Was vom Tornado übrig blieb

Für einen Katastrophenfilm wurde tonnenweise Müll zum Fernsehturm geschafft

Die Täter sind zufrieden mit ihrem Werk. Monatelang haben sie gesammelt: Kartons, Spanplatten, Fahrräder, einen Computer, zerfetzte Sonnenschirme, Grünzeug. Am Montag haben sie den ganzen Müll plus drei Schrottautos dem Fernsehturm vor den Fuß gekippt – für den Tag, an dem der Tornado Berlin verwüstet. Gestern war es so weit.

Laut Buch ist es der heißeste Tag des Jahres, bei dessen Dreh sich die Filmcrew zitternd an Kaffeebechern festhält. Gleich werden die Komparsen aus ihren Daunenjacken schlüpfen und im T-Shirt vor der Windmaschine davonrennen. Ihnen entgegen kommt der junge Meteorologe Jan Berger, der in Wirklichkeit Matthias Koeberlin heißt und als Einziger das Ausmaß des Tornados prophezeit hat. Er hat die Kaltfront erkannt, die auf das sommerheiße Berlin zukommt – und ahnte die verheerenden Folgen. So geht die Geschichte des zweiteiligen Katastrophenfilms, der Ende nächsten Jahres auf Pro Sieben ausgestrahlt werden soll. Eine „Doku- Fiction“, sagt Produzentin Ariane Krampe, wobei der Doku-Anteil nicht riesig sei. Szenen im Roten Rathaus und am Dom sind schon im Kasten, außerdem ein Straßenbahnunfall. Weil der Sturm auch den Fernsehturm nicht verschont, aber die Entglasung der Kuppel nicht genehmigungsfähig war, werden viele Effekte später im Studio und am Computer gemacht.

Möglicherweise müssen auch die Bauleute mit Trick entfernt werden, die gerade neugierig vom Flachdach schauen, unter dem jetzt der Höllensturm fegt und der Hauptdarsteller sich gegen eine Wand aus Kehricht vorankämpft, quer durch den Sperrmüllberg. An der Karl-Liebknecht-Straße parkt noch ein Lkw voll Bauschutt, aber der war zu fein und wurde lieber nicht entladen. Es ist so schon anstrengend genug: „Guck mal, ’n umgekipptes Auto!“, ruft ein Steppke am Absperrband – und ruiniert so den Ton. Zwei Touristen schauen ratlos in ihren Reiseführer, müssen vorbeigelotst werden. Links neben der mannshohen Windmaschine wirft ein Assistent Laub in den Orkan, sein Kollege rechts schießt Papier in den Wind. Der Kameramann läuft hinter Koeberlin her, und hinter dem Kameramann laufen vier Helfer mit Windschutz. Deshalb ist der Abspann vieler Filme so lang.

Nach einer Minute legt sich der Sturm, Koeberlin eilt zum Kaffeepott. „Zu Weihnachten liege ich mit Grippe im Bett, das weiß ich jetzt schon“, sagt er. Gleich muss er die Szene noch einmal spielen. „Nachher fliegt mir noch ein Auto um die Ohren, aber das wird wohl in der Nachbearbeitung gemacht“, sagt er noch, dann muss er wieder in den Sturm. Die Szene wird am Ende vielleicht eine Minute lang sein. Die Aufräumarbeiten sollen den ganzen Mittwoch dauern.

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