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Berlin: Was wäre, wenn?

Die Berliner Bürger haben entschieden. Zwei Szenarien zur Frage, wie es nun weitergeht.

Die Berlinerinnen und Berliner haben entschieden, ob sie den Zielen des Energietischs folgen, ein Stadtwerk gründen und sich dafür einsetzen wollen, das Stromnetz wieder in öffentliche Hand zu geben. Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe stand das Ergebnis noch nicht fest. Da es auf dem Abstimmungszettel aber nur die beiden Auswahlmöglichkeiten „Ja“ und „Nein“ gab, ergeben sich zwei mögliche Szenarien.

Was passiert, wenn der Volksentscheid

angenommen wurde?

Der Gesetzentwurf des Berliner Energietischs tritt dann in Kraft, als wäre das Gesetz vom Abgeordnetenhaus verabschiedet worden. Gemäß Paragraf 40 des Berliner Abstimmungsgesetzes muss der Präsident des Abgeordnetenhauses das Gesetz „unverzüglich ausfertigen“, sobald das endgültige Abstimmungsergebnis feststeht. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit muss das Gesetz dann innerhalb von zwei Wochen im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin veröffentlichen. Der Senat müsste dann zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben für die Energieversorgung rechtsfähige Anstalten öffentlichen Rechts mit den Namen „Berliner Stadtwerke“ und „Berliner Netzgesellschaft“ gründen.

Das Gesetz zur Gründung eines Ökostadtwerks, das das Abgeordnetenhaus bereits am 24. Oktober beschlossen hat, besteht formal parallel dazu weiter. Das neuere Gesetz würde das alte in der Rechtsprechung allerdings überlagern. In der dann noch zu gründenden Netzgesellschaft müsste die landeseigene Firma „Berlin Energie“ aufgehen, die sich bereits für das Land um eine Konzession für das Stromnetz bewirbt. Ob das Stromnetz wirklich in öffentliche Hand kommt, kann der Volksentscheid nicht beeinflussen, da es in einer europaweiten Ausschreibung vergeben wird, an der sich die vom Volksentscheid geforderte Netzgesellschaft nicht mehr beteiligen kann.

Doch auch nach einem erfolgreichen Volksentscheid würden noch Fragen offenbleiben. Das Abgeordnetenhaus kann das Gesetz mit einfacher Mehrheit jederzeit wieder ändern. Als Erstes würde wohl der Passus im Gesetz gestrichen, dass Berlin zwar für etwaige Verluste der Gesellschaften haften würde, aber weder der Senat noch das Abgeordnetenhaus das letzte Entscheidungsrecht über die Geschäftspolitik hätte. Auch Befürworter des Entscheids, größtenteils die Opposition im Abgeordnetenhaus, haben bereits angekündigt, das zu korrigieren.

Zudem führt ein erfolgreicher Entscheid wohl auch zu mehr Investitionen und damit zu Kosten. Zwar kann der Gesetzentwurf keine Summe vorschreiben, bei den 1,5 Millionen Euro für das Stadtwerk aus dem Landeshaushalt würde es aber wohl nicht bleiben. Die SPD fordert schon lange, deutlich höhere Summen in die Hand zu nehmen. Die CDU blockt das bisher ab. Der Volksentscheid könnte aber den nötigen politischen Druck aufbauen, damit sie sich doch noch bewegt.

Was passiert, wenn der Volksentscheid

scheitert?

Das Ökostadtwerk kommt dann trotzdem, in dem kleinen, bisher beschlossenen Umfang, denn das Gesetz zur Gründung ist schon verabschiedet. Auch die Bewerbung um das Stromnetz würde ganz normal weiterlaufen. Somit könnte die Rekommunalisierung des Netzes sogar dann erfolgen, wenn der Volksentscheid scheitert. Sidney Gennies

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