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WASG-Aktion: Zechprellerei in Nobelrestaurant geht schief

Dem Aufruf der WASG zu einem kostenlosen Essen im Berliner Edelrestaurant Borchardt folgten nur wenige Arbeitslose, herein kam niemand. Trotzdem wertet Spitzenkandidatin Lucy Redler die Aktion als Erfolg.

Berlin - Treffpunkt Borchardt: das Edelrestaurant in der Französischen Straße gehört seit vielen Jahren zu den gefragten gastronomischen Adressen der Hauptstadt. Hier speisen vornehmlich Geschäftsleute im feinen Anzug und Krawatte sowie geschmackvoll gekleidete Damen. In dieses feine Lokal hatte die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) wenige Tage vor der Abgeordnetenhauswahl "Hartz IV"-Empfänger zum Einkehren aufgerufen. Die Rechnungen sollten an Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt geschickt werden.

Doch der Hunger war wohl nicht groß genug: Dem Aufruf der Partei folgten nur wenige Arbeitslose. Der erste, der kam, war Klaus Elgert. Der exzentrisch gekleidete kleine Mann mit Brille und weißem Bart traf noch vor der WASG und ihrer Spitzenkandidatin ein. "Die Idee ist originell, aber ich bin mir nicht sicher, ob es klappt, in dem Restaurant zu essen", sagte der 64-Jährige, der durch einen Artikel einer Tageszeitung auf die Aktion aufmerksam geworden war. Für Elgert war diese eher eine humoristische Sache und eine gute Alternative für Wahlwerbung. Sicherlich versuche die WASG, noch einzelne Stimmen für die Wahl einzufangen, betonte er. So ganz ernst genommen hätten Betroffene den Aufruf wohl auch nicht. Sie plagten auch andere Sorgen, als ein Nobelrestaurant zu stürmen, war sich Elgert sicher.

"HartzIV"-Empfänger: Täglich 4,40 Euro für Essensausgaben

Die WASG hatte einige Tage zuvor Arbeitslose aufgerufen, einmal zu "essen wie die Reichen". Die etwa 3000 "Einladungen" waren vor den Job-Centern verteilt worden. Die Aktion sollte sich gegen die Umsetzung der "Hartz IV"-Gesetze durch den rot-roten Senat richten. Arbeitslosengeld II-Empfänger können laut Regelsatz täglich 4,40 Euro für Essen ausgeben.

Ganz geheuer war den Gastronomen dieser Aufruf wohl nicht. Sie erwirkten bereits am Vortag eine einstweilige Verfügung und die Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro gegen die Partei. Vor dem Restaurant war inzwischen WASG-Spitzenkandidatin Lucy Redler aufgetaucht. Mit der politischen Aktion sollte auf die immer größer werdende Schere zwischen arm und reich aufmerksam gemacht werden, argumentierte sie. Den Vorwurf, sie organisiere Wahlkampf auf Kosten der Arbeitslosen, indem sie diese zur Zechprellerei aufrufe, wies die 27-Jährige vehement zurück. Ein Erfolg sei schon die Neugierde der Öffentlichkeit.

In das Restaurant wären aber nicht einmal die Wahlkämpfer gelangt. Denn laut Borchardt-Restaurantleiter Rainer Möckel erhalten nur Gäste mit einer Reservierung Einlass in das Lokal. Da die WASG-Leute nicht reserviert hätten, bekämen sie auch keinen Platz. So einfach sei das, erklärte er rigoros. Als Trost gab die WASG ihrer Gefolgschaft gegenüber dem Borchardt Baguettes mit Kaviarersatz und Prosecco in Plastikbechern aus. Aus der ursprünglich nur als Vorspeise gedachten Offerte wurde dann doch die Hauptmahlzeit. Ins Restaurant kam niemand. (tso/ddp)

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