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Berlin: Wasserdichte Geschäfte

Schön durch den Regen: Die passenden Schuhe zum miesen Wetter kommen aus Französisch Buchholz. Die Gummistiefel sind weltweit gefragt

Es sollten die Knallroten sein. Die passen gut zu den Tattoos, „und die haben einen hohen Kautschukanteil, ich bin allergisch gegen PVC“, sagt Andrea, 36. Sie ist aus Friedrichshain in den Norden Pankows gefahren, nach Französisch Buchholz, in den Industriegeländekomplex an der Pankstraße 8-10, wo die Firma Preuss & Knorr residiert, Aufgang K, zweiter Stock. Hier liegt die Welt der Gummistiefelliebhaber, Dutzende Modelle in hohen Lagerregalen. Es gibt sie mit Hufeisen und Mohnblumen, mit Hacken oder Schnürsenkeln, und sogar handgefertigt. Geliefert werden die Schuhe aus Französisch Buchholz in die ganze Welt: USA, London, Hongkong, Bielefeld.

„Im Moment haben wir rund die Hälfte mehr Anfragen als sonst“, sagt Stefan Preuss, einer der Geschäftsführer. Und daran dürfte der verregnete Berliner Sommer einen nicht unerheblichen Anteil haben. Der Pankower Preuss kommt aus Hamburg, da liegt das Maritime im Blut. Klar, Gummistiefel gibt es überall, die großen Schuhketten stellen sie gerade statt Sommersandalen raus, und auch Baumärkte bieten grüne Exemplare für 17 Euro an. Die Matschtreter der Pankower Fachleute, die neben ihrem Lagerverkauf vor allem Modelle im Internet-Versand anbieten, gibt es ab 25 Euro bis gut 100 Euro aufwärts. Gummistiefel „Ines“ ist so ein Einsteigermodell, blau mit weißen Punkten, „Fox, Circle“ ist laut Preuss „schön stylish“ mit Kreismustern drauf. Luxustreter vom Highend-Anbieter Aigle sehen wieder schlicht gelb aus, sie sind handgenäht und wasserfest überklebt.

Die Treter haben Geschichte: Die Ureinwohner Südamerikas stellten sie einst her, indem sie Stoffe in Pflanzensaft tränkten. In Europa entdeckte 1840 Charles Goodyear zufällig, dass plastischer Kautschuk mit Schwefel und Ruß vermischt durch Erhitzung vulkanisiert, dauerhaft elastisch ist und nicht mehr klebt. Auf den Feldern und im Krieg fanden die wasserdichten Schuhe reißenden Absatz, im Ersten Weltkrieg bei der britischen Armee, als die Schlachtgräben bei Regen vollliefen.

Heute schlüpfen auch Rocksänger in die Stiefel. Und manchmal schickt die Pankower Firma hunderte Paare an Großkonzerne, die ihre Mitarbeiter in Outdoor-Seminaren motivieren wollen. Einmal gab ein Künstler eine Massenbestellung auf und verteilte die bunten PVC-Stiefel in ganz Berlin, für ein triefnasses Happening. Heute werden Stiefel und auch Friesennerze teils gern von einschlägigen Fetisch-Liebhabern bestellt, sagt Stefan Preuss. Und von jungen Berlinern und Brandenburgern, die sich bei den vielen Sommerfestivals trotz des Wetters die Stimmung nicht verhageln lassen wollen.

Der Laden im Netz unter

www.nur-gummistiefel.de

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