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Berlin: Wedding: Heimbetreiber durfte machen, was er wollte

Das alte Bezirksamt Wedding hat die Geschäftsführung seiner drei fremd bewirtschafteten Seniorenheime offenbar monatelang machen lassen, was sie wollte - und nicht bemerkt, dass die Heime schlampig geleitet wurden. Trotz einer entsprechenden Kritik des Rechnungshofs sieht Mittes Sozialstadtrat Hans Nisblé (SPD) aber "kein grob fahrlässiges Handeln" der Behörde.

Das alte Bezirksamt Wedding hat die Geschäftsführung seiner drei fremd bewirtschafteten Seniorenheime offenbar monatelang machen lassen, was sie wollte - und nicht bemerkt, dass die Heime schlampig geleitet wurden. Trotz einer entsprechenden Kritik des Rechnungshofs sieht Mittes Sozialstadtrat Hans Nisblé (SPD) aber "kein grob fahrlässiges Handeln" der Behörde. Nisblé, der in den entscheidenden Jahren Bezirksbürgermeister Weddings war, sprach von "Fehlern", die unter der Verantwortung der damaligen Sozialstadträtin Elke Gassert (CDU) passiert seien. Die Weddinger Bezirksverordnetenversammlung habe Gassert dafür vergangenes Jahr gerügt.

Mittes Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU) schließt hingegen personelle Konsequenzen nicht aus. Derzeit nähmen die Fachabteilungen zu den Vorwürfen Stellung. Wenn dabei herauskomme, dass es Fehlverhalten von Mitarbeiter gab, müsse es disziplinarische Vorermittlungen folgen. Nisblé zufolge soll nun zügig geklärt werden, ob das Bezirksamt Regressansprüche gegenüber dem Seniorenheim-Betreiber "Kursana" hat. Die drei Heime sollen zum Ende des Jahres einem "freien Träger" überantwortet werden. "Darauf sollten wir uns konzentrieren", sagte Nisblé. "An Altgefechten möchte ich mich nicht beteiligen".

Der Rechnungshof hatte in seinem Bericht "rechtswidriges und zum Teil auffällig unwirtschaftliches Verhalten des ehemaligen Bezirksamts Wedding und seines Betriebes Weddinger Senioreneinrichtungen" kritisiert. Darin ist unter anderem von fehlenden Ausschreibungen, einer unvollständigen Buchführung und einer fragwürdigen Auftragsvergabe die Rede. Dem Bezirk sei ein "finanzieller Nachteil" von mehr als einer Million Mark entstanden: Darlehen, die Kursana gewährt wurden.

Das Bezirksamt hatte die wirtschaftliche Leitung der drei Heime mit 393 Betten und 120 Beschäfigten 1997 an den "Geschäftsbesorger" Kursana übergeben, ein Unternehmen der Dussmann-Gruppe - es blieb aber dafür verantwortlich. Das Bezirksamt hatte sich dagegen ausgesprochen, den Betrieb an einen freien Träger abzugeben, unter anderem, weil zu erwarten war, dass das Personal gegen diesen Schritt sein Veto eingelegt hätte und dann vom Bezirk an anderer Stelle hätte weiter beschäftigt werden müssen.

Bis 1998 geriet dieser Betrieb laut Bezirksamt in eine "wirtschaftliche Schieflage". Die Kursana-Heimleiterin sei darauf in den Gesprächen mit dem Bezirksamt aber "mit keinem Wort eingegangen", heißt es. Außerdem habe der Betrieb Jahresabschlüsse viel zu spät geliefert. Der Abschluss von 1997 soll erst Ende 2000 vorgelegen haben. Trotzdem habe das Bezirksamt Leistungsprämien gezahlt, schreibt der Rechnungshof. "Es hat seine Aufsichtspflicht verletzt und das vorschriftswidrige, unwirtschaftliche Verhalten des Betriebes begünstigt", heißt es weiter.

Als die Misere offensichtlich wurde - zum Jahreswechsel 1998/99 - setzte das Bezirksamt eine Steuerungsgruppe unter Leitung Nisblés ein. Sie habe "permanent" in die Geschäfte Kursanas eingreifen müssen, heißt es. Im März 2000 setzte das Bezirksamt eine Kauffrau ein, die die Heimbetreiber kontrolliert. Nach Auffassung des CDU-Fraktionschefs von Mitte, Stephan Tromp, ist der Rechnungshofbericht ein "großes Armutszeugnis" für das alte Weddinger Bezirksamt.

Tobias Arbinger

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