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Berlin: Weg vom bloßen Machtwillen

Monika Grütters (39) ist stellvertretende Landes- und Fraktionsvorsitzende der CDU und in ihrer Partei Expertin für Hochschul- und Kulturpolitik. Hat die Berliner CDU den Wechsel von der Regierungs- zur Oppositionspartei verkraftet?

Monika Grütters (39) ist stellvertretende Landes- und Fraktionsvorsitzende der CDU und in ihrer Partei Expertin für Hochschul- und Kulturpolitik.

Hat die Berliner CDU den Wechsel von der Regierungs- zur Oppositionspartei verkraftet?

Wir müssen uns noch daran gewöhnen, dass wir in der Opposition sitzen. Und zwar für fünf Jahre, da bin ich mir ganz sicher. Wir werden das schaffen, müssen uns aber neu formieren. Die CDU-Fraktion ist ja auf Schulklassenstärke geschrumpft, mit nur fünf Ost-Abgeordneten und zwei Frauen. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Themensetzungen und das Klima in der Fraktion. Da gibt es nichts zu beschönigen.

Der Zustand des CDU-Landesverbandes...

ist zweifellos schwierig. Wir müssen uns die Frage neu stellen: Wofür steht die CDU? Auch auf Bundesebene muss die Parteivorsitzende Angela Merkel diese Frage eindeutig beantworten.

Wofür sollte die Union stehen?

Zum Thema Online Spezial: Berlin-Wahl 2001 Ich glaube, dass die CDU wieder die Sensibleren in der Gesellschaft ansprechen muss. Die Politik der Union muss ein menschliches Gesicht erhalten. Im Wahlkampf haben wir Wählerschichten an die FDP, die SPD und auch an die PDS verloren, die uns früher stark gemacht haben. Wir müssen die Wertediskussion wieder führen, uns um Grundsatzfragen kümmern. In der langen Regierungszeit hat die Berliner CDU zu wenig darüber nachgedacht, was uns gemeinsam ist - außer einem unbedingten Machtwillen. Der Antikommunismus kann nicht mehr das Thema sein. Aber christliche Grundüberzeugungen, die Forderung nach Humanität und Kultur als politische Orientierung. Auch die soziale Marktwirtschaft darf nicht nur ein Schlagwort sein. Der CDU fehlen solche verbindenden Elemente und es gibt nur wenige Personen, die geeignet wären, diese Positionen glaubwürdig nach außen zu vertreten.

Die CDU hat keine Bündnispartner mehr.

Wir können den Wählern zurzeit keine Mehrheitsoptionen anbieten. Es wäre schön gewesen, wenn die Union mit einigen vernünftigen Grünen und Liberalen hätte zusammengehen können. Eine solche Kombination ist durchaus ein Angebot für die Zukunft, gerade in Berlin. Ich hoffe auf wertorientierte Grüne wie Andrea Fischer, Renate Künast, Antje Vollmer, Rezzo Schlauch.

Ein Bündnis mit den Grünen? Dafür könnte sich die CDU-Basis in Berlin begeistern?

Als Option für die Zukunft schon. Vor allem die jüngeren Parteifreunde sind bereit, diese Diskussion zu führen. Fraktionschef Steffel, der Ost-Abgeordnete Czaja, die Ex-Senatoren Kurth und Branoner stehen für diese Neuorientierung. Da ist Bewegung drin.

Ist im Umgang mit dem "Oppositionspartner" PDS auch Bewegung drin?

Die CDU-Fraktion muss dringend ihr Verhältnis zur PDS klären, auch wenn es keine Koalition in der Opposition gibt. Wir brauchen eine neue Kultur des Umgangs miteinander. Wir sollten einen pragmatischen, nüchternen, unerschrockenen Stil finden, zumal es in der PDS-Fraktion Leute gibt, die beim Fall der Mauer noch nicht volljährig waren. Also nicht persönlich verantwortlich für das, was in der DDR geschah.

Zur politischen Neuorientierung gehört auch ein personeller Wechsel im Landesvorsitz.

Es gibt eine Vielzahl von geeigneten Personen für den CDU-Landesvorsitz. Ich selbst stehe nicht zur Verfügung, sondern möchte weiterhin für die Wissenschafts- und Kulturpolitik zuständig bleiben und in dieser Rolle versuchen, parteiübergreifende Bündnisse zu schmieden. Ein so hohes Parteiamt wäre da wenig förderlich.

Wer könnte die eigensinnige CDU führen?

Ja, unser Landesverband ist schwierig. Zum einen brauchen wir Erneuerung, zum anderen können wir auf die Erfahrung zum Beispiel von Diepgen, Landowsky - und Volker Hassemer - nicht verzichten. Peter Kurth als möglicher Kandidat müsste sich fragen, ob er die notwendige Integrationskraft aufbringt. Bei Frank Steffel müsste man wissen, ob er wirklich will. Sollte jemand von außen kommen, muss er Autorität und Überzeugungskraft mitbringen und sich auf die innerparteilichen Strukturen einlassen.

Als Richard von Weizsäcker 1981 CDU-Landeschef wurde, hat er sich nicht auf die Parteistrukturen eingelassen.

Er war Landesvorsitzender pro forma und hat diese Aufgabe als Last angesehen.

Sollte Steffel die CDU-Führung übernehmen: Ist es gut, wenn der Fraktionschef auch Landesvorsitzender ist?

In anderen CDU-Landesverbänden wird das mitunter so gemacht. Aber in der Opposition ist die eigentliche politische Plattform das Parlament, nicht die Partei. Deshalb würde ich in unserer Situation das Amt des Fraktionsvorsitzenden deutlich höher bewerten.

Die CDU darf einen Abgeordnetenhaus-Vizepräsidenten benennen.

Ich kandidiere nicht. Ich möchte - als stellvertretende Fraktions- und Landesvorsitzende - im operativen Politikgeschäft bleiben und Wissenschaft und Kultur stärken, zumal ich mir Christoph Stölzl als Vizepräsidenten gut vorstellen kann. Wenn er nicht doch als Kultursenator nach Hamburg geht.

Warum zanken sich der CDU-Landesvorsitzende Eberhard Diepgen und der stellvertretende Fraktionschef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günther Nooke, um den Bundestags-Wahlkreis Berlin-Mitte?

Das ist ein irrealer Streit. Beide gehören in den Bundestag. Diepgen angesichts seiner Lebensleistung auf Listenplatz 1.

Es drängen zwei ältere Herrschaften, Rupert Scholz und Dankward Buwitt, wieder in den Bundestag. Sie könnten Nooke einen aussichtsreichen Listenplatz wegnehmen.

Ich bin relativ sicher, dass die Berliner CDU die Bedeutung Nookes, des Bürgerrechtlers aus dem Osten, zu würdigen weiß.

Hat die Berliner CDU den Wechsel von der Regierung

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