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Berlin: Wegen Egoismus gesperrt: Strieder lässt Neptun auf dem Trockenen sitzen

Es soll ein schönes, warmes Wochenende werden, vielleicht das letzte in diesem Sommer. Zehntausende Berliner und Touristen werden es nutzen, um über die Linden Richtung Fernsehturm oder durch das Nikolaiviertel zu flanieren.

Es soll ein schönes, warmes Wochenende werden, vielleicht das letzte in diesem Sommer. Zehntausende Berliner und Touristen werden es nutzen, um über die Linden Richtung Fernsehturm oder durch das Nikolaiviertel zu flanieren. Vor dem Roten Rathaus könnten sie kurz verweilen und sich am Anblick des frisch restaurierten, sprudelnden Neptunbrunnens erfrischen. Könnten. Aber sie können nicht. Sie werden vor einem umgitterten, trockenen Steinblock stehen. Obwohl die Arbeiten am Brunnen abgeschlossen sind. Es müsste nur noch jemand den Bauzaun beiseite schieben und auf den Startknopf drücken. Aber Bausenator Strieder selbst will derjenige sein, der diese fröhliche Tat vollbringt - doch leider hatte er noch keine Zeit dafür.

Die Sanierung des beliebten Brunnens kostete 280 000 Mark. Aufgebracht hatte diese Summe Senator Strieder - aus den Mitteln seiner Verwaltung, also aus öffentlichen Mitteln. Zu der Frage, warum der Brunnen nicht auch ohne Strieder hätte freigegeben werden können, war aus seiner Verwaltung folgender Satz zu hören: "Wir haben die Reparatur bezahlt, dann passiert ohne uns auch nichts."

Eigentlich sollte Strieder den Brunnen am Donnerstag publikumswirksam mit dem berühmten symbolischen Knopfdruck unter Wasser sezen. So jedenfalls war es mit dem Bezirksamt Mitte vereinbart. Erst sollte das um 9 Uhr sein, der Senator verschob aus unbekannten Termingründen. Dann sollte es um 11 Uhr sein, aber auch das passte Strieder nicht, weil er zur gleichen Zeit vor Mikrofonen und Kameras die erste rote Platte aus der Fassade der Infobox nehmen ließ. Und dann ging es wegen weiterer Termine des Senators sowieso nicht mehr, und eine Brunneneröffnung ohne Senator - das war für den Senator undenkbar. Gesprudelt wird mit Strieder - oder gar nicht.

Nun heißt es zwar in der Senatsverwaltung, die Terminverschiebungen seien schon eine Woche vorher mit dem Bezirksamt abgestimmt worden, aber davon will wiederum die Behörde in Mitte nichts wissen. Aber die Frage ist ja nicht, wann verschoben wurde, sondern warum überhaupt verschoben wurde. Denn für die Leute ist ja nicht die Eröffnung von Bedeutung, sondern die Tatsache, dass sie sich zu Neptuns Füßen niederlassen können und nicht durch ein Baugitter starren müssen. Für Strieder ist das anders. Und die Verwaltung sagt: Die Brunnen sind eigentlich Sache der Bezirke, das Drei-Millionen-Mark teure Brunnenprogramm für die Sanierung von 30 Brunnen aber ist eine Ausnahmehilfe der Senatsverwaltung. Um das klar zu machen, brauche man ein öffentliches Szenario - mit Strieder.

Am Dienstag um 13 Uhr soll wieder einmal der Brunnen vor dem Roten Rathaus unter Wasser gesetzt werden - mit Strieder natürlich.

C. v. L.

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