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Alles auf Stopp: Der Flughafen BER wird nicht nur später eröffnet, sondern auch viel teurer.

© dpa

Wegen Verzögerung des Flughafens: Berlin muss bis zu 350 Millionen Euro drauflegen

Die dramatisch gestiegenen Kosten kommen den Bund und Brandenburg teuer zu stehen. Und noch jemand darf wieder einmal großzügig beisteuern: Der Steuerzahler. Dabei sind die Kostenpläne längst Makulatur.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das Land Berlin wird wohl einen dreistelligen Millionenbetrag hinblättern müssen, weil die Kosten des Flughafens BER in Schönefeld den erwarteten Rahmen sprengen. Nicht nur das Terminal des Airports wird deutlich teurer als geplant. Die Gesellschafter der Flughafengesellschaft (FBS), der Bund, Berlin und Brandenburg, müssen auch mit Schadensersatzforderungen, Mehrausgaben für den Lärmschutz und Ausgaben für die Ertüchtigung des Flughafens Tegel rechnen.

Der Grünen-Haushälter Jochen Esser geht von zusätzlichen Ausgaben von bis einer Milliarde Euro aus. „An einer saftigen Kapitalzuführung kommen die drei öffentlichen Gesellschafter nicht vorbei.“ Grüne, Linke und Piraten wollten den Regierenden Bürgermeister und BER-Aufsichtsratchef Klaus Wowereit (SPD) am Mittwoch im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses über die „finanziellen Folgen der geänderten Flugrouten und der verschobenen Öffnung des Flughafens“ befragen. Weil Wowereit wegen der Ministerpräsidentenkonferenz und eines Staatsbesuchs verhindert ist, wurde der Tagesordnungspunkt um ein bis zwei Wochen verschoben. Laut Flughafengesellschaft werden die Ergebnisse einer „grundlegenden Überprüfung der Kosten des gesamten Flughafenprojekts“ dem Aufsichtsrat erst am 22. Juni vorliegen.

Bisher ist nur eine Zahl bekannt: Das Fluggastterminal wird nach aktueller Prognose 1,2 Milliarden Euro kosten. Das wären 200 Millionen Euro mehr als das vom Aufsichtsrat 2007 als zu teuer abgelehnte Komplettangebot des Hochtief-Konzerns (1,04 Milliarden Euro). Die öffentliche Hand wollte stattdessen, aufgeteilt in kleine Lose, für insgesamt 630 Millionen Euro selber bauen. Bereits im Juli 2010 wurde dieser Betrag, nach der ersten Verschiebung des Eröffnungstermins, wegen Umbauten, zwei neuen Pavillons und baubeschleunigender Maßnahmen auf rund 750 Millionen Euro aufgestockt. „Durch Umschichtungen im Budget und die Verwendung von Reserven bleibt der Finanzrahmen trotzdem unverändert“, teilte die Senatskanzlei dem Landesparlament damals mit.

Bildergalerie: Das Debakel um den neuen Flughafen BER

Dieser Finanzrahmen, der jetzt nur noch Makulatur ist, bestand aus: 2,4 Milliarden Euro Krediten (drei Pakete mit zehn- bzw. 25-jähriger Laufzeit), 430 Millionen Euro Gesellschaftermittel (Zuschüsse von Bund, Berlin und Brandenburg) und 440 Millionen Euro eigene Mittel der Flughafengesellschaft, die bis Ende 2011 auf 530 Millionen Euro aufgestockt wurden. Zwar enthielt diese Finanzierung Reserven, aber die dürften bald aufgebraucht sein. Wowereit räumte bereits ein, dass „die Kante des Kreditrahmens“ übersprungen werden könnte.

Für die öffentlichen Gesellschafter ist das unangenehm, denn sie haften seit September 2008 für die Darlehen zu 100 Prozent. Vorher waren es nur 80 Prozent, doch auf dem Höhepunkt der Finanzkrise wären ansonsten keine bezahlbaren Kredite zu erhalten gewesen. Mit der hundertprozentigen Bürgschaft wurde den Banken jedes Eigenrisiko genommen. Sie können, so steht es im Finanzierungs-Sicherstellungsgesetz von 2008, bei „jeglicher Form von Leistungsstörung unmittelbar auf die selbstschuldnerische Bürgschaft“ zurückgreifen.

Allein Berlin bürgt für 888 Millionen Euro Kredite. Sollten die Kosten für den Flughafen um bis zu einer Milliarde Euro steigen, müssten die Gesellschafter entsprechend ihrem Anteil an der FBS einspringen. Denn die Flughafengesellschaft wird kaum eigene Mittel in nennenswerter Höhe zusätzlich aufbringen können. Ein neuer Kredit dürfte von der FBS wirtschaftlich schwer verkraftbar sein und die Wettbewerbshüter der EU auf den Plan rufen. Als Rettungsanker müssen die öffentlichen Haushalte herhalten.

Für Berlin, mit 37 Prozent an der FBS beteiligt, heißt das: Bis zu 350 Millionen Euro müssten mobilisiert werden. Vielleicht schon ab 2013 in einem Nachtragshaushalt. Bereits von 1994 bis 2010 investierte Berlin 250 Millionen Euro Darlehen (die in Eigenkapital umgewandelt wurden) und Kapitalzuführungen in den Flughafen.

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