zum Hauptinhalt

Berlin: Weggefährtin

Von Heidemarie Mazuhn Eigentlich gibt es ja nichts gegen die junge Frau zu sagen. Man könnte sie sogar nett finden, wie sie da mit offenem Blick und ebensolchen Haaren freundlich jeden anlächelt.

Von Heidemarie Mazuhn

Eigentlich gibt es ja nichts gegen die junge Frau zu sagen. Man könnte sie sogar nett finden, wie sie da mit offenem Blick und ebensolchen Haaren freundlich jeden anlächelt. Wenn sie einem nur nicht seit kurzem Tag und Nacht immerzu im Wege stünde. Nachts hat ihr deshalb schon mal eine Geschlechtsgenossin wutentbrannt eins mit dem Regenschirm übergezogen. Was denkt die sich aber auch dabei – beansprucht einfach den ganzen Bürgersteig für sich allein.

Wer um sie herum auf dem ohnehin nur handtuchschmalen Gehweg zur Haltestelle des 200er Busses, nach Hause oder zur Arbeit will, hat die Wahl: entweder durchs Gebüsch oder auf die Fahrbahn. Mehr Platz lässt Gabriele Heise ihren Wählern in der Stülerstraße / Ecke Hofjägerallee nicht, seitdem sie dort von ihrem gehwegbreiten Wahlplakat für die FDP rund um die Uhr an einem Laternenmast lächelt.

Nicht als Einzige wohlgemerkt – ein Heer von überwiegend unbekannten Gesichtern buhlt in der Stadt an allen möglichen und unmöglichen Befestigungen auf Radwegen und Bürgersteigen um die Gunst der Wähler. Und manche werden dabei – sicher ungewollt – zum Verkehrshindernis wie besagte Gabriele Heise in der Stülerstraße.

Bis jetzt. Einer hatte wohl die Faxen dicke, wie der Berliner sagt. Einfach umgedreht wurde die junge Frau. Nicht ideologisch, sondern mit der Plakatpappe. Von der lächelt sie nun quer ins Gebüsch stehend – da behindert sie niemanden mehr und wird vielleicht trotzdem gewählt.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false