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Berlin: Wegzug der Bundesbeamten:In den Behörden "brodelt es"

ÖTV kündigt Protestaktionen an VON ULRICH ZAWATKA-GERLACH Berlin. "Es brodelt bei den Beschäftigten".

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

ÖTV kündigt Protestaktionen an VON ULRICH ZAWATKA-GERLACH

Berlin. "Es brodelt bei den Beschäftigten".Axel Buggert von der Gewerkschaft ÖTV kündigt schon jetzt Protestaktionen jener Bundesbediensteten an, die zusammen mit ihren Behörden aus Berlin wegziehen müssen.Er beklagt das "Dreiklassensystem": Nur die Umzüge zwischen Berlin und Bonn seien relativ klar geregelt; die Verlagerung von Bundeseinrichtungen in die neuen Länder bringe jedoch große Probleme mit sich, die auch den einfachen und mittleren Dienst beträfen.Am schlimmsten seien die Mitarbeiter dran, die von "schleichenden Umzügen" - zum Beispiel der Bundesanstalten für Straßenwege und für Güterverkehr - betroffen seien und nicht in den Genuß des Umzugs-Tarifvertrages kämen.--Aber auch die "Privilegierten", die von Berlin nach Bonn wechseln, können nicht damit rechnen, daß sich der Bund für sie um eine Wohnung kümmert oder dem Ehepartner einen Arbeitsplatz vermittelt.Bundesbauminister Klaus Töpfer schloß kürzlich bei einem Treffen mit Dienststellenleitern und Umzugsbeauftragten der Berliner Bundeseinrichtungen eine "vollständige Gleichbehandlung" mit den Bonner Beamten, die nach Berlin kommen, aus.Zum Beispiel seien Aufwendungszuschüsse für Häuslebauer, die in Berlin bis zu 48 000 Mark gewährt werden sollen, nicht vorgesehen.Wohnungen oder Appartements für Pendler gibt es bisher ebenfalls nicht.150 Millionen Mark hält der Bundeshaushalt für die Wohnungsfürsorge in Bonn bereit; ein begleitendes Konzept liegt nicht vor. "In Bonn haben sie wohl Angst, es könnten zuviele Berliner durch günstige Rahmenbedingungen angelockt werden", mutmaßt Wolrad Burchadi, der Sprecher der Personalräte von Bundeseinrichtungen in Berlin.Die Summe von 150 Millionen Mark könnte nur ein Anfang sein und sei offenbar nur eingesetzt worden, um eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu verhindern.Für den Beamten-Umzug nach Berlin stehen 1,6 Milliarden Mark Wohnungsfürsorge zur Verfügung.Im übrigen sei die Wohnungs- und Mietensituation in Bonn kaum günstiger als in Berlin. Der Mitzug von Ehepartnern, die beim Land Berlin arbeiten, private Arbeitgeber haben oder selbstständig sind, ist ein zweites Problem."Da muß jeder auf das Prinzip Hoffnung setzen", meint Burchadi.So werde es kaum möglich sein, als Berliner Lehrer nach Nordrhein-Westfalen zu wechseln."Ob es zwischen den Ländern Berlin, NRW und Rheinland-Pfalz überhaupt Tauschpotentiale gibt, wissen wir nicht".Auch könnten Ärzte oder auch Taxifahrer, die mit ihren beamteten Partnern umzögen, in Bonn nicht mit einer Zulassung rechnen.Die Forderung nach einer zentralen Stellenbörse, um die Zahl der Umziehenden niedrig zu halten, kommentierte Töpfer dem Vernehmen nach mit der Bemerkung, er wolle nicht den Druck von den Tauschpartnern nehmen. Auch in den neuen Ländern, sagt Buggert von der ÖTV, "wartet niemand sehnsüchtig auf die Berliner".Das Deutsche Patentamt beispielsweise wird bereits Anfang 1998 großenteils nach Jena verlagert.Einen Tauschpartner gibt es nicht, und nur wenige Mitarbeiter sind bereit, freiwillig umzuziehen.Bedienstete im Ostteil Berlins müssen in Jena sogar mit einer Herabstufung auf das "Ost-Gehalt" rechnen.Doch nur Schwerbehinderte und Mitarbeiter, die pflegebedürftige Angehörige haben, dürfen laut internem Umzugskonzept in Berlin bleiben.Über einvernehmliche "Aufhebungsverträge mit Abfindung" wird bereits nachgedacht, aber auch über weniger freundliche Lösungen: "Hat eine Kündigung...hinreichende Aussicht auf Erfolg, ist sie als ultima ratio gegenüber den Arbeitnehmern auszusprechen".

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