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Berlin: Wehe, wer den Trend verpasst

Die Berliner Modebranche krankt. Pleiten sind keine Ausnahme mehr.

Die Berliner Modebranche krankt. Pleiten sind keine Ausnahme mehr. Ein Beispiel schockiert sogar die Kenner der Branche: Die Gerhard Pabst GmbH, seit einem halben Jahrhundert in Wilmersdorf erfolgreich, hat Insolvenz angemeldet. Der Produzent von Damenoberbekleidung war eines der wenigen größeren Modeunternehmen Berlins. Er beschäftigte nach Auskunft seines Insolvenzverwalters Christoph Schulte-Kaubrügger 85 Mitarbeiter, von denen vorerst 50 freigestellt wurden. Derzeit laufen Verhandlungen mit potenziellen Investoren, 30 bis 35 Arbeitsplätze können vielleicht erhalten bleiben. Wer die Investoren sind, darüber hüllt man sich bei dem Unternehmen in Schweigen, nur so viel: Es handele sich bei den beiden derzeitigen Interessenten um „Finanzinvestoren, keine Partner aus der Branche“, sagt Sohn Oliver Pabst. Die Herbst/Winter-Kollektion wird noch hergestellt und ausgeliefert, aber was dann kommt, weiß niemand. Wenn jedoch der Geschäftsbetrieb weitergehen soll, muss die nächste Frühjahr/Sommer-Kollektion alsbald in Angriff genommen werden. Modeschöpferin Sandra Pabst ist von der Insolvenz ihres Mannes nicht unmittelbar betroffen. Gerhard Pabst selber trägt Optimismus zur Schau: „Ich bin seit 49 Jahren im Geschäft, und ich weiß, dass man das auch aus dem Nichts heraus machen kann.“ Ob das gelingen kann? Schließlich hat sich der Markt für Konfektionsmode grundlegend geändert: Heute müssen neue Trends von den Unternehmen blitzschnell umgesetzt und auf den Markt gebracht werden. „Der große Erfolg von Firmen wie Zara, Mango und H & M besteht darin, dass sie alle vier, fünf Wochen etwas Neues haben, einen völlig neuen Stil“, sagt Klaus Metz, stellvertretender Geschäftsführer der Modeschule Esmod in Berlin. Während Konfektionsunternehmen Trends schnell, günstig und in hoher Stückzahl umsetzen müssen, produzieren Einzelunternehmen geringe Stückzahlen oder sogar Unikate und leisten sich Extravaganzen. Ihr Problem liegt eher darin, eine geeignete Verkaufsfläche zu finden. Sogar Claudia Skoda, eine der bekanntesten Unternehmerinnen der Berliner Modeszene, gibt ihren Laden und ihre Werkstatt in der Linienstraße auf. Dort shoppen weder Berliner noch Touristen. „Niemand kann allein von Stammkunden leben“, sagt sie und zieht in die Alte Schönhauser Straße 35. Dort hat sie zwar statt etwa 230 nur noch etwa 130 Quadratmeter, aber dafür sind ihre Nachbarn sind aus der Branche: Coration, Moments, eine italienische und eine französische Designerin. Am neuen Ort hofft sie auf bessere Zahlen, denn Konkurrenz belebt das Geschäft und – vor allem – hier trifft sich die Szene: „Die Alte Schönhauser ist ein Geheimtipp, wie es die Linienstraße nie gewesen ist.“ uh

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