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Freddy Nock fährt ungesichert in 13 Metern Höhe vor dem Tempodrom.

© AFP

Weihnachtscircus im Tempodrom: Hochseil-Künstler verspricht Spannung im Zirkus

Artist Freddy Nock ist die Attraktion im „Roncalli Weihnachtscircus“. Besinnlich wird seine Show nicht.

Vor dem Tempodrom am Anhalter Bahnhof ragen zwei Kräne in den grauen Novemberhimmel, zwischen ihnen ist ein Seil gespannt. Dort oben bewegt sich, leicht und elegant, Freddy Nock – Schweizer Hochseil-Akrobat und mehrfacher Weltrekordhalter in seiner Disziplin. Kaum einer ist auf dem Draht so schnell wie er. 13 Meter unter ihm glänzt der nasse Asphalt. Dazwischen: keine Sicherung, kein Netz, kein doppelter Boden. Nach einigen Schritten und einer kurzen Fahrradfahrt in luftiger Höhe befestigt er einen Banner am Seil. "Roncalli Weihnachtscircus" steht da jetzt, weithin sichtbar in großen Lettern.

Die "lebende Legende" gastiert im Roncalli Weihnachtscircus

Ab Mitte Dezember gastiert der Roncalli Weihnachtscircus zum 13. Mal in Berlin, wie immer im Tempodrom. Zum 40. Geburtstag seines Lebenswerks hat Zirkusgründer und Direktor Bernhard Paul den Hochseil-Artisten Nock eingeladen. Die "lebende Legende" dürfe nicht fehlen, sagt der Zirkusmann stolz.

Für den Star seines Weihnachtsprogramms ist Berlin eine Premiere. "Bei so einem ersten Mal habe ich immer ein Kribbeln im Bauch." Lampenfieber bei einem wie ihm? Ein Blick auf Nocks bisherige Leistungen: Schnellster Hochseil-Läufer, vorwärts, rückwärts, mit verbundenen Augen, in 3000 Metern Höhe, mit Steigungen bis zu 57 Prozent – immer ohne Sicherung. Immer wieder taucht sein Name in diversen Jahrgängen des Guinness-Buchs der Rekorde auf.

Hochseilartist Freddy Nock hat einen Weltrekord im längsten und höchstgelegenen Seillauf ohne Balancierstange aufgestellt.
Hochseilartist Freddy Nock hat einen Weltrekord im längsten und höchstgelegenen Seillauf ohne Balancierstange aufgestellt.

© dpa

Bei seiner Aktion "7 Rekorde in 7 Tagen" stellte er auf dem Hochseil, zwischen Berggipfeln der Schweiz und Österreichs, einen Rekord nach dem anderen auf. Auch auf der Zugspitze, dem höchsten Berg Deutschlands, balancierte Nock unter Lebensgefahr. Den Circus Roncalli kennt Nock von früher. 1980 gastierte er bereits für drei Monate bei Direktor Bernhard Paul. 36 Jahre später kramt Nock ein Foto von einem seiner Roncalli-Auftritte hervor. "Ich erinnere mich noch vage daran, wie ich mit Bernhard im Buffetwagen zusammensaß."

Nichts ist unmöglich.

Ein Hang zum Gefährlichen wurde Freddy Nock in die Wiege gelegt. Bereits als vierjähriger Spross einer Artistenfamilie machte er seine ersten Gehversuche auf dem Seil. Vorbild und Lehrer war sein Vater, Alfredo Nock. Nur einmal, 1988, stürzte Freddy vom Seil. Er brach sich beide Arme. "Das war mein erster und letzter Sturz", sagt Nock. Doch er war schmerzerprobt, schließlich hatte er da schon die Attacke eines ausgebrochenen Zirkusbären überlebt. Kurz: Angst ist keine Option für einen Artisten, neue Herausforderungen hingegen schon. Also balancierte Nock kaum ein Jahr nach seinem Sturz erstmals auch außerhalb des Zirkuszelts. 200 Meter lief er auf dem Drahtseil einer Gondelbahn in St. Moritz – ein Kindheitstraum. "Da habe ich gemerkt, dass nichts unmöglich ist – allein ein starker Wille ist wichtig".

Der Extrem-Artist begibt sich auf Rekordjagd

1998, mit Mitte 30, ließ Nock das Zirkusleben hinter sich und tauschte den Zelthimmel gegen den freien, weiten Himmel. Seither spannt er seine Seile vor allem in den Bergen auf, jagt nach Weltrekorden und bezeichnet sich als "Extrem-Artist". Und von jedem Hochseillauf bringt der fünffache Vater neue, kühne Ideen zurück. Diese werden dann erst mal am Familientisch besprochen, dabei bekommt der 51-Jährige meist viel Unterstützung. Allein sein Vater, der als Seil-Artist die Gefahren des Metiers selbst gut kennt, bremst manchmal die Abenteuerlust seines Sohnes. Freddy Nock versteht ihn. '"Ich will nicht wissen, wie es mir mal geht, wenn mein Sohn oben auf dem Seil läuft."

Der Hang zum Gefährlichen wird weitervererbt

Den Grundstein dafür legt er jetzt: Wenn Freddy Nock in Berlin das Seil betritt, ist der fünfjährige Leo dabei – muss aber noch auf dem Manegenboden bleiben. Einmal, so hofft Nock, wird sein Sohn die Familientradition fortsetzen, die seit 1770 von Generation zu Generation, von Seiltänzer zu Seiltänzer, weiter wächst. Die nötige Veranlagung bringt Leo mit, meint Nock. "Er hat Spaß an gefährlichen Sachen." Gefahr ist eines der wichtigsten Kriterien, wenn Nock Seilnummern entwickelt. Zirkusdirektor Paul nimmt es gelassen: "Eigentlich bin ich für Nummern zum Hinschauen und nicht zum Wegschauen. Aber bei Freddy bin ich ganz ruhig." Berlin hat den Künstler schon zu neuen Höhenvisionen inspiriert. Die Architektur des Tempodroms, speziell das in Spitzen zulaufende Dach hat es ihm angetan: "Da oben würde ich gerne mal spazieren." Vielleicht ein anderes Mal.

Der Roncalli Weihnachtscircus öffnet vom 17. Dezember bis zum 2. Januar seine Zelttüren. Der Kartenvorverkauf hat bereits begonnen, Tickets gibt es online bei www.roncalli.de und www.eventim.de.

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