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Standhaft. Imker Manfred Hirt verkauft seinen Honig seit 42 Jahren auf dem Spandauer Weihnachtsmarkt.

© Kathrin Merfort

Weihnachtsmarkt in Spandau: Honigbonbons, Likör - und jede Menge Kerzen

Seit Anfang der Woche haben die Weihnachtsmärkte in Berlin geöffnet und einer ist wieder mit dabei: Manfred Hirt, Imker aus Brandenburg, verkauft seit 42 Jahren Honig und mehr auf dem Weihnachtsmarkt in Spandau.

Alle Jahre wieder soll ja bekanntlich das Christuskind vorbeikommen, ganz sicher kommt alle Jahre wieder aber Manfred Hirt. Seit 42 Jahren gibt es den Weihnachtsmarkt in Spandau, und genauso lange verkauft der Imker hier seinen Honig. Wenn der Markt wie die meisten anderen am heutigen Montag öffnet, ist selbstverständlich auch der 76-jährige Brandenburger wieder dabei.

In seiner Geschichte gibt es viele Statisten, einige sind Stammkunden seit zwei Generationen. „Die, denen ich früher Bonbons gegeben habe, kriegen heute einen Schnaps“, sagt er und grinst, dass sich die Furchen tief in sein Gesicht graben. Trotzdem wollen die grauen Haare, die unter seiner beigen Wollmütze hervorschauen, nicht so richtig passen zum jungenhaften Gesicht. Roter Schal, grüne Schürze, und ein heller Pulli mit Tannen darauf – wenn man Manfred Hirt anschaut, kann man gar nicht anders, als in Weihnachtsstimmung zu kommen.

Bienenwachskerzen, Honigbonbons und Likör – die Auswahl an Produkten, die Manfred Hirt in seiner Fichtenholz-Bude verkauft ist reichhaltig. Bei ihm gibt’s eben keinen Punsch, sondern Honigwein. Trinkt da mal einer zu viel von? Eigentlich nicht, sagt er und fügt lachend hinzu: „Außer wenn Hertha spielt.“ Der Weihnachtsmarkt gehört zu seinem Leben wie seine Familie und seine Bienen.

Bienen und Schafe

Und wie hat sich das alles verändert in 42 Jahren? „Früher war alles individueller“, sagt Hirt. Lebkuchen durfte noch in der eigenen Küche produziert werden, wurde dann in traditionell hübsch verzierte Blechdosen gelegt. „Doch die EU-Hygienestandards im Gewerberaum haben vieles verändert.“ Gängige Praxis sei heute, die Lebkuchen abgepackt in Folie im Großhandel zu kaufen und dann weiterzuverkaufen. „Früher waren auch Schmiede und Tischler für Kundenwünsche da“, sagt Hirt. Heute sind die Handwerker meist eher auf mittelalterlichen Weihnachtsmärkten zu finden.

„Könn’ se wat empfehlen?“ Die ältere Dame kommt an den Stand auf dem Wochenmarkt in der Preußenallee in Charlottenburg, wo Manfred Hirt außerhalb der Weihnachtssaison seinen Honig verkauft. „Dicken oder weichen?“, fragt Manfred Hirt da immer zurück. „Na weichen“, sagt die Frau. „Mild oder aromatisch?“ Jeden Freitag geht das hier so. Mittwochs und sonnabends ist er auf dem Wochenmarkt in Spandau.

Und wenn er keinen Honig verkauft, kümmert er sich daheim um seine Bienen und die Schafzucht. Schafe schlachtet er und tauscht sie, am liebsten gegen Fisch. Selbst verspeisen könnte er seine Schafe nicht. „Bienen und Schafe ernähren ihren Herrn im Schlafe“, sagt er und lacht wieder. Seit 47 Jahren verkauft er seinen Honig in Berlin. Aufgewachsen in der Lüneburger Heide musste er noch zu Grenzzeiten mit seinen Produkten durch die DDR fahren. „Ich hatte nie Probleme mit DDR-Grenzern. Bei dem Wort Bienen bekamen die Angst und ließen mich durch.“

Standmiete hat sich verdreifacht

Die Kerzen für den Weihnachtsmarkt bastelt er mit seiner Familie schon im Juli, noch früher, im April, wird der Wein gegärt. Zwei Wochen vor Beginn werden die Bonbon-Bestellungen aufgegeben, vier Tage vorher beginnt der Standaufbau. Alles Routine sagt er. Nur die Preisentwicklung macht ihm etwas Sorgen. „Die Standmiete hat sich in all den Jahren verdreifacht“, sagt er. Seine Bude hat sich seit damals nicht verändert, nur ein Messingschild hat er vom Bezirk zum 40-jährigen Jubiläum bekommen.

Er glaubt, dass es auch sein familiäres Wesen ist, dass seine Kunden schätzen. „Der typische Tante-Emma-Laden von früher wird immer seltener“, sagt er. „Diese Atmosphäre des ungezwungenen Plauderns finden sie bei mir.“ Gleichzeitig werde aber das Verhältnis zu den anderen Standmietern immer weitläufiger. Hirt erklärt sich das mit steigendem Konkurrenzdruck.

Die Kunden aber suchen Manfred Hirts Nähe. Viele laden ihn zu sich nach Hause ein, erzählt er. Allen Einladungen kann er aber nicht nachgehen. „Es sind einfach zu viele“, sagt er. Und lacht wieder.

Der Weihnachtsmarkt in der Spandauer Altstadt öffnet am Mittwoch, bis zum 23. 12. Montag bis Donnerstag 11–20 Uhr, Freitag 11–21 Uhr, Sonnabend 11–22 Uhr und Sonntag 11–20 Uhr. Der Eintritt ist frei

Alle Weihnachtsmärkte in Berlin unter www.tagesspiegel.de/weihnachten

Kathrin Merfort

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