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WEINE des Monats: Zwei Rote aus Mittelitalien

Ganz schön kompliziert: Da haben die Toskaner den berühmten „Vino Nobile di Montepulciano“, aber die Rebsorte Montepulciano ist da gar nicht drin. Sie steckt meist nur in Weinen der Kategorien „na ja“ bis „okay“, die vor allem in den Abruzzen und den Marken gemacht werden, also weitab der begehrten Toskana.

Ganz schön kompliziert: Da haben die Toskaner den berühmten „Vino Nobile di Montepulciano“, aber die Rebsorte Montepulciano ist da gar nicht drin. Sie steckt meist nur in Weinen der Kategorien „na ja“ bis „okay“, die vor allem in den Abruzzen und den Marken gemacht werden, also weitab der begehrten Toskana. Aber wie immer kommt es drauf an: In den Marken, westlich der Adria-Hafenstadt Ancona, liegt das Anbaugebiet Rosso Piceno. Dort hat man sich darauf verständigt, Montepulciano mit Sangiovese zu mixen; im 2010 Rosso Piceno Superiore der Tenuta de Angelis geschieht das im Verhältnis 70:30. Die Idee: Frucht, Würze und Säure von der höher geschätzten Edelrebe holen, Kraft, Farbe und Langlebigkeit dagegen aus der Montepulciano. Das ergibt eine gelungene Mischung, einen Wein, der köstlich nach Schwarzkirschen und Waldbeeren duftet und auch am Gaumen ordentlich Bohei macht, harmonisch bis zum langen Finale, qualitativ weit oberhalb seiner bescheidenen Preisklasse.

Während die Trauben der Marken vom Adriawind umfächelt werden, hat Umbrien, ein Stück westlich, keinen Meereszugang. Hier wachsen vielfältige, in den letzten Jahren international nahezu vergessene weiße Weine wie der Orvieto und der eher folkloristisch bedeutsame „Est! Est!! Est!!! di Montefiascone“, aber die jüngere Winzergeneration hat die guten Voraussetzungen für vorzügliche Rote erkannt und den regionalen Sorten mit der Beigabe internationaler Reben wie der Cabernet Sauvignon ein eigenes Profil verliehen. Ähnlich wie bei den einst hemmungslos auf absurde Preise hochgejazzten „Supertoskanern“ versucht man hier, den internationalen Geschmack zu treffen, tut dies aber mit einem weitaus günstigeren Preis-Genuss-Verhältnis. Der 2009 Calanco der Kellerei Tenuta le Velette zeigt die Grundidee mit seinem Fantasienamen an, und er besteht tatsächlich aus Cabernet Sauvignon und der altitalienischen Sangiovese. Die Elemente sind mit sehr viel Sinn für Balance herausgearbeitet, die Sauerkirscharomen der Sangiovese ergänzen sich gut mit dem Cassis-Ton der Cabernet, der Ton von neuem Holz ist diskret eingebunden. Am Gaumen entfaltet sich dann mit Kraft die volle, aber nie marmeladige Würze eines großen italienischen Rotweins. Bernd Matthies

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