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WEINE des Monats: Zwei Rote zum Herzerwärmen

Höchste Zeit für Rotweine, die durch die Gurgel wärmend übers Herz bis in ferne Extremitäten reisen. Teuer kann das jeder; wir versuchen aber hier mal eine Widerlegung der alten – und prinzipiell ja richtigen – Weinhändler-Regel „Unter vier Euro lieber Bier trinken“.

Höchste Zeit für Rotweine, die durch die Gurgel wärmend übers Herz bis in ferne Extremitäten reisen. Teuer kann das jeder; wir versuchen aber hier mal eine Widerlegung der alten – und prinzipiell ja richtigen – Weinhändler-Regel „Unter vier Euro lieber Bier trinken“. Denn unser 2012 Calle Principal, der nur 3,65 Euro kostet, zeigt, dass in Spanien auch außerhalb der klassischen Anbaugebiete Qualität erzeugt wird, und zwar unter dem Etikett der regionalen „Vinos de la Tierra“. Dieser Landwein kommt von den Bodegas Contralto, einem modernen Großbetrieb in der Region Castilla südlich von Madrid, der zur bekannten Rioja-Kellerei Olarra gehört. Hier gelten, nicht anders als im streng regulierten Rioja, hohe Maßstäbe für die Sorgfalt vom Weinberg bis zur Abfüllung, und die sind in dieser Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Tempranillo deutlich zu spüren: Paprika und Cassis, balsamische Noten und ein Hauch von neuem Holz, gekonnt verschmolzen. Gute Länge, sehr moderater Alkohol von nur 12,5 Prozent: alles, wie es sein soll. Dass hier nicht von betontem Terroir-Charakter die Rede sein kann, ist angesichts des Preises locker zu verschmerzen.

Das sodann gesparte Geld kann aber sinnstiftend durchaus in einen etwas teureren Wein investiert werden. Auch der 2012 Gemei Rosso Alto Minico der Kellerei Az.Agr. Ottella am Gardasee fällt durch ein Raster, und zwar jenes des peniblen italienischen Weinrechts: Er wird als nominell minderwertiger IGT-Wein (Indicazione geografica tipica), also auch eine Art Landwein, vermarktet. Das geschieht jedoch nicht aus geografischen Gründen, sondern weil Weinmacher Francesco Montresor aus den starren Regeln für AOC-Weine des Veneto ausbrechen wollte – eine rote Cuvée aus Corvina, Molinara, Rondinella, Merlot und Cabernet Sauvignon ist darin schlicht nicht vorgesehen, weil die typischen Weine der Region Valpolicella Amarone und Lugana sind. Dennoch hat dieser in großen Holzfässern und gebrauchten Barriques differenziert ausgebaute Rote einen ganz eigenen Charakter und verbindet in seiner Rebsortenwahl Tradition und Gegenwart in überzeugender Weise. Das Ergebnis ist ein opulenter Duft von Schwarzkirschen, Brombeeren und Kräutern, am Gaumen erfreuen volle Frucht und seidige Tannine. Bernd Matthies

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