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Berlin: Weißer Mann, dunkles Herz

Die Schwarzen-Bewegung Nation of Islam lud zur Diskussion über Entschädigung für Sklaverei. Weiße waren unerwünscht

„Warum unsere Geschichte auf die Sklaverei reduzieren? Warum sind wir Sklaven der Sklaverei?“, fragt ein Senegalese im Publikum. Darauf geben die drei Vertreter der Nation of Islam keine Antwort. Dabei sind sie angereist, um sich Fragen des schwarzen Berliner Publikums zu stellen. Zuhörer weißer Hautfarbe waren zur Gastveranstaltung der Nation of Islam (NOI) mit dem englischen Strafverteidiger Jeffrey Muhammad, der kamerunischen Referentin Marianne Bale, und Ukaegbu Muhammad, Leiter der deutschsprachigen Arbeitsgruppe in Zürich und dem Münchner Fotografen Tahir Della am Sonnabend nicht zugelassen.

Am Einlass gibt es keine Kontrolle, das ist auch nicht nötig, keine Weißen sind gekommen. Doch ein unbestimmtes Gefühl des Unbehagens herrscht im Raum 1 der Neuköllner Werkstatt der Kulturen. Wie weit werden die Redner gehen, wer ist gekommen, um zuzuhören? Der angekündigte Redner, „Minister“ Hilary Muhammad war am Nachmittag überraschend wieder abgereist, nachdem er am Vormittag einige Interviews gegeben hatte. Also übernahm Jeffrey Muhammad die Vorstellung der schwarzen Bewegung und deren Stellungnahme zum Thema Reparationen.

Die Rede ist vom Feind des schwarzen Mannes, der weiß ist. Für jeden einzelnen der geschätzten 500 Millionen Afrikaner, die bei der Atlantiküberfahrt in die amerikanische Sklaverei ums Leben gekommen sind, verlangt er Wiedergutmachung. Er zitiert NOI-Führer Louis Farrakhan, der über die deutschen Reparationszahlungen an Israel sagte: „Nichts dergleichen wurde für schwarze Menschen gemacht.“

Alle NOI-Vertreter sind im Anzug gekommen. Neben dem Eingang hat einer von ihnen Platz genommen. Er gibt von Zeit zu Zeit zustimmende Zwischenrufe von sich. Doch das scheint nicht auf das 30-köpfige Publikum überzuspringen. Nach einem Gebet gibt Ukaegbu Muhammad „eine spirituelle Einführung in die Geschichte der Nation of Islam“ und deren „Messias“ Elijah Muhammad, der die Bewegung 1930 in den USA gründete. Marianne Bale, einziges Nicht-NOI-Mitglied auf dem Podium, erklärt, warum Deutschland Reparationen leisten müsse. „Wir dürfen die Gräueltaten der Nationalsozialisten gegen Schwarze nicht vergessen.“ Deutschland müsse sich auch zu den in den deutschen Kolonien begangenen Verbrechen bekennen.

Jeffrey Muhammad ergreift das Wort. „Die Nation of Islam ist für Gleichheit, aber nicht wie jetzt, wo Schwarze wie befreite Sklaven leben und in Separation von den ehemaligen Sklavenhaltern.“ Das möchte eine Afrodeutsche im Publikum näher wissen. „Wie steht die Nation of Islam zu Mischehen?“ Die Antwort ist vieldeutig: „Die schwarze Frau ist gut für den schwarzen Mann, die weiße Frau ist gut für den weißen Mann, aber wenn Liebe im Spiel ist, hat die Nation of Islam nichts dagegen.“

Gegen 21 Uhr ist die Diskussion zu Ende. Ob sich aus der Zusammenkunft eine Arbeitsgruppe entwickelt, bleibt offen. Aber man könne sich zur Farrakhan-Rede am 29. Februar verabreden. Sein Beitrag über Reparationen wird via Satellit übertragen. „Da lässt sich bestimmt etwas einrichten“, sagt Tahir Della.

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