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Berlin: Weiter kein Geständnis des Amokläufers

Mordkommission appelliert an verdächtigen 16-Jährigen, die Tat zuzugeben – im Interesse der Opfer

Die Polizei wartet weiter auf ein Geständnis des Amokläufers Frank P. (Name geändert). „Es wäre ein Stück Menschlichkeit“, appellierte gestern der Leiter der Mordkommission, Klaus Ruckschnat, an den 16-Jährigen. Der Jugendliche hatte am späten Freitagabend nach der Eröffnung des Hauptbahnhofs wahllos 33 Passanten mit dem Messer verletzt, acht weitere trafen seine Schläge. Da eines der ersten Opfer HIV-positiv ist, ist nicht ausgeschlossen, dass andere Verletzte durch das blutige Messer ebenfalls infiziert wurden. Ein Geständnis des Täters, wann er wo zugestochen hat, könnte möglicherweise einigen Opfern diese Angst nehmen, hieß es bei der Kripo. Bislang sei nur sicher, dass der HIV-Infizierte unter den ersten zehn Opfern war. Bis zum gestrigen Nachmittag verzichtete die Mordkommission auf eine weitere Befragung des Hauptschülers, da er auf Anraten seines Anwaltes zur Tat schweige.

Wie berichtet, hatte sich der Anwalt Herbert Hedrich am Dienstagabend im Fernsehen im Namen seines Mandanten für das Geschehen entschuldigt. Der Kripo reicht das nicht: Das sei zwar sehr schön für die Zuschauer formuliert, „ein Geständnis ist das aber mit keiner Silbe“. Hedrich sagte gestern dem Tagesspiegel: „Mein Mandant kann gar kein Geständnis ablegen, weil ihm die Erinnerung an die Tatzeit fehlt.“

Ohne ein Geständnis werde es nicht gelingen, ein exaktes „Weg-Zeit-Diagramm“ des Amoklaufs zu erstellen, sagte Chefermittler Ruckschnat. Viele Menschen wissen nicht, wo sie verletzt wurden, viele haben erst später die Stichwunden bemerkt und kennen deshalb auch die Tatzeit nicht. Bislang geht die Kripo davon aus, dass Frank P. vom Reichstag zum ARD-Studio und von dort zum Kapelleufer lief. Möglicherweise sei er aber auch mehrmals zwischen Reichstag und ARD-Studio hin- und hergelaufen. Einer Verurteilung könne der Täter durch sein Schweigen nicht entgehen, hieß es, da „die Beweislage durch viele Zeugen sehr gut sei“. In den ersten Tagen nach der Tat hatte sich der Schüler auf einen „Filmriss“ wegen seines hohen Alkoholkonsums berufen, gleichzeitig die Tat aber abgestritten. An diesem Widerspruch – einerseits will er sich nicht erinnern können, andererseits leugnet er vehement, habe sich nichts geändert, sagen die Ermittler. Doch seit Dienstag ist der Blutalkoholwert bekannt, und der liegt nicht so hoch, dass ein „Filmriss“ wahrscheinlich ist. Demnach hatte Frank P. kurz nach der Tat etwa 1,5 Promille.

Ein Gutachter soll jetzt klären, wie dieser Promillewert auf Frank P. an diesem Abend gewirkt haben kann. Zeugen hatten allerdings berichtet, dass der Jugendliche stark betrunken gewirkt habe. Ob der Junge auch unter Drogen stand, ist noch unbekannt.

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