zum Hauptinhalt

Berlin: Weltstädtisch, aber rechtswidrig

EU-Kommission und Rechnungshof kritisierten einst den Kaufvertrag

Es war ein staatlich subventioniertes Geschäft. Für 47,485 Millionen Euro hatte Daimler-Benz am 16. Juli 1990 ein Grundstück von 61 710 Quadratmetern am Potsdamer Platz erworben. „Frei von allen Lasten“, stand im Kaufvertrag, der erst nach harten Auseinandersetzungen im rot-grünen Senat notariell beglaubigt werden konnte.

Ein Schnäppchen, erregten sich damals die Politiker der Alternativen Liste. Die Umweltsenatorin Michaele Schreyer wäre beinahe zurückgetreten. Der Quadratmeterpreis von 770 Euro sei zu niedrig, und die SPD wolle ein riesiges Areal in Berlins neuer Mitte verscherbeln, dessen städtebauliche Zukunft noch völlig offen sei. Brüssel wurde eingeschaltet. Die Tinte unter dem Kaufvertrag war noch nicht trocken, als die EU-Kommission aufgrund einer Beschwerde nachzuforschen begann, ob das Immobiliengeschäft am Potsdamer Platz nicht nur politisch umstritten, sondern auch eine unerlaubte Beihilfe des Landes Berlin an das Großunternehmen war.

Zwei Jahre später kam der Bescheid, und Daimler-Benz (heute Daimler- Chrysler) zahlte „unter Protest“ 33,8 Millionen Euro nach. Der ursprüngliche Kaufpreis, so die Wettbewerbshüter, sei rechtswidrig. Ein Gutachterausschuss hatte berechnet, dass das Grundstück am Potsdamer Platz einen Verkehrswert von 91,9 Millionen Euro besaß. Preismindernd wurde dem Käufer zugute gehalten, dass Daimler sich bereit erklärt hatte, das angrenzende Gelände mit dem „Bellevue-Tower“ zu erwerben und in sein Mammut-Projekt einzubeziehen.

Das ungemein hässliche ehemalige Hotel, Wohnstätte für Studenten und Aussiedler, wurde gesprengt. Trotz der Nachbesserung beäugte auch der Landesrechnungshof den Kaufvertrag misstrauisch. Denn in den Akten der Senatsbauverwaltung hatten die Finanzprüfer einen Vermerk über eine Besprechung am 5. April 1990 gefunden. Aus dem Papier ging hervor, dass Daimler „auf einem Kaufpreis von höchstens 1500 DM (767 Euro) beharrte und Berlin dann, um ein Scheitern der Verhandlungen zu vermeiden, ein Angebot von 1505 DM machte“.

So berichtete damals der Rechnungshof, aber die Kritik an der Finanzierung und Planung des spektakulärsten Bauvorhabens nach dem Mauerfall war schnell vergessen. Ekkehard Kraft, sozialdemokratischer Baustadtrat im Ost-Berliner Magistrat, sprach wohl die Mehrheitsmeinung aus, als er im Sommer 1990 sagte: „Wenn Berlin Hauptstadt sein soll, dann müssen Investoren kommen, die uns zur Weltstadt machen“. za

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false