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Berlin: Wenig Einkommen, extreme Ansichten

Warum sich so viele Wähler für Mini-Parteien entschieden haben

Die kleinen Parteien gehören zusammengerechnet zu den Erfolgreichen der Landtagswahl: 13,4 Prozent der Wähler vereinten sie auf sich, das sind 188 607 der abgegebenen gültigen Stimmen. Den meisten Zuspruch bekamen die Grauen mit 3,8 Prozent oder 52 892 Stimmen, Zweitstärkste unter den Kleinen ist die WASG mit 2,9 Prozent (40 459 Stimmen), knapp dahinter liegt die rechtsextreme NPD mit 2,6 Prozent (35 162 Stimmen). Doch wer machte sein Kreuz bei diesen Bewerbern? Wer trug dazu bei, dass sich die Grauen gegenüber der letzten Abgeordnetenhauswahl vor fünf Jahren um 2,4 Prozent steigern konnten und die erstmals kandidierende WASG auf Anhieb recht erfolgreich war?

Parteienforscher Oskar Niedermayer vom Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaften der Freien Universität (FU) vermutet unter den WASG-Wählern „viele bisherige PDS-Sympathisanten, die bei der vergangenen Bundestagswahl noch die Linkspartei/WASG unterstützt haben.“ Nun seien sie aber gefrustet vom Sozialabbau, den die mitregierende PDS aus ihrer Sicht in Berlin unterstütze und dessen Auswirkungen sie besonders träfen. Niedermayer: „Zu den Berliner WASGWählern gehören vermutlich überdurchschnittlich viele ärmere Leute mit geringem Einkommen, eher niedriger Bildung – von Arbeitslosigkeit bedroht.“

Diese „sozial Abgehängten“ hätten sich je nach politischer Präferenz für die linke WASG oder die NPD entschieden. Denn auch in der Wählerschaft der Rechtsextremen sieht der Parteienforscher ein ähnliches „Verliererspektrum“. Das haben nach seinen Worten schon Analysen früherer Wahlergebnisse gezeigt.

Wissenschaftlich analysiert wurden die Berliner Landtagswahlen vom Sonntag noch nicht. „Bislang haben wir nur die genannten Vermutungen“, heißt es am Otto-Suhr-Institut. Die Wähler der kleinen Parteien zu untersuchen, sei ausgesprochen aufwendig. „Die Sympathisantenzahlen sind zu gering, wir können keine Umfragen wie bei den großen Parteien machen.“

Bei den Grauen vermutet Wahlforscher Oskar Niedermayer eher „ältere, bürgerliche Berliner“ in der Wählerschaft. Das deckt sich mit den Ergebnissen anderer Wahlforschungsinstitute, nach denen es die Grauen geschafft haben, die Klientel der politisch aktiven Senioren zu erreichen. Das seien dann keine üblichen Protestwähler, sondern „durchaus Leute mit klaren politischen Zielen.“

Insgesamt stellten sich in Berlin am vergangenen Sonntag 18 kleine Parteien zur Wahl. Ins Abgeordnetenhaus schaffte es keine, aber vier ziehen in Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) ein: die Grauen in acht der zwölf Berliner Bezirksparlamente, die WASG in sieben, die NPD in vier und die Republikaner (Reps) in eine BVV. Die Reps bekamen berlinweit nur 1,1 Prozent. CS

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