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Berlin: Wenig Vertrauen in die Experten

Seit der Wende gab es schon zehn Gutachten zur Berliner Hochschulmedizin – doch kein Vorschlag wurde bisher verwirklicht

Am Anfang dieser Spardebatte in der Hochschulmedizin stand das Machtwort des gerade frisch gebackenen Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD). 98 Millionen Euro müssen an den Kliniken der Stadt gespart werden. Das macht die Empfehlungen so unpopulär. Doch warum gerade 98 Millionen? Das entspricht ungefähr der Fördersumme für das Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) in Steglitz. Das wollte Wowereit damals schließen. Doch mit dem Protest, der dann folgte, hatte er ganz offensichtlich nicht gerechnet. Ein Riss lief durch die SPD. Eine Expertenkommission konnte dem Bürgermeister zumindest abgehandelt werden, die neben den sinnvollen Kriterien für die Kürzungen eine zukunftsfähige Struktur für Berlins Uni-Medizin ausarbeiten soll.

Seit die fünf Experten im Februar mit der Begutachtung der Kliniken Charité, Virchow und Benjamin Franklin begannen, war im Grunde schon klar, dass die Schließung des UKBF jedenfalls verhindert werden sollte. Die Charité in Mitte gilt aus historischen Gründen als nicht schließbar. Sie kann außerdem auf die beste Bilanz aller drei Einrichtungen verweisen, wenn es darum geht, für Forschungsprojekte Mittel vom Bund und anderen Geldgebern in die Stadt zu holen. Die damit finanzierten Arbeitsplätze sind ein gewisser Schutz vor Schließung der Forschung.

Die Aufregung über die neuen Pläne hält sich bisher in Grenzen. Anscheinend glaubt man nicht unbedingt daran, dass die Empfehlungen tatsächlich jemals realisiert werden. Zehn Begutachtungen habe Berlins Medizin seit der deutschen Einheit schon erlebt. „Davon ist doch kaum etwas umgesetzt“, heißt es oft. Diese Auffassung bekommt Bestätigung auch dadurch, dass die jetzige Empfehlung nur sieben Jahre nach dem Fusionsbeschluss des Senats kommt. 1995 erst fiel die Entscheidung, das Virchow von der Freien an die Humboldt-Universität mit ihrer Klinik Charité zu verlagern. Die Auflage: Die Forschungsgebiete beider Einrichtungen miteinander zu verschmelzen. Das Virchow bekam dals Schwerpunkt die klinische Forschung.

Daher kritisieren die Verantwortlichen, wie der ärztliche Direktor der Charité, Manfred Dietel, einen Vergleich der Forschungsleistungen von Charité in Mitte und Virchow-Klinikum heute als unfair.

Ein weiteres Gegenargument sind die Baukosten. „Kann der Senat denn sicher zusagen, dass die Baukosten für Charité und UKBF wirklich aufgebracht werden können?“, gibt der Wissenschaftler Jürgen Bier zu bedenken. Denn beide Standorte haben in den nächsten Jahren erheblichen Investitionsbedarf. Für die Modernisierung des Virchow-Klinikums wurden dagegen bereits 1,5 Milliarden Euro ausgegeben. Davon 750 Millionen Euro vom Bund, die zurückgefordert werden könnten. Die Experten werden ihre Vorschläge also gut begründen müssen. Bärbel Schubert

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