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Berlin: Weniger Randale am 1. Mai, aber deutlich mehr Festnahmen

Innensenator und Polizeipräsident ziehen positive Einsatzbilanz Bei 234 Randalierern griffen die Beamten zu, 32 erhielten Haftbefehl

In der Walpurgisnacht und am 1. Mai sind mit 234 Personen deutlich mehr Randalierer festgenommen worden als im Vorjahr. Damals waren es 179. Das Ausmaß der Schäden ist nach Einschätzung von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bei der Walpurgisnacht in Friedrichshain noch einmal geringer gewesen als 2006; beim 1. Mai in Kreuzberg war es etwa auf dem gleichen niedrigen Niveau. Die Zahl der verletzten Beamten ging von 66 auf 43 zurück. „Wir haben mit unserem Konzept der ,ausgestreckten Hand‘ zum dritten Mal hintereinander Erfolg gehabt“, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch gestern.

Die knapp 1000 Randalierer, die in Kreuzberg ab 21 Uhr 30 begonnen hatten, Flaschen und Steine auf Polizisten und Festbesucher zu werfen, bezeichnete Polizeipräsident Glietsch als „Bodensatz“, mit dem man leben müsse. Körting sagte, es gebe nur noch wenige Menschen, „die zündeln wollen. Der Spuk ist noch nicht ganz vorbei“. Sehr positiv sei, dass aus der Randale Einzelner kein Flächenbrand entstehe wie noch in den 90er Jahren. „Die Krawallmacher haben den Resonanzboden verloren“, sagte Körting. Die drei Demonstrationen am 1. Mai mit zusammen etwa 13 000 Teilnehmern waren insgesamt störungsfrei verlaufen. Bei der „Mayday“-Parade war jedoch eine Teilnehmerin durch einen Flaschenwurf verletzt worden. Die Feuerwehr zählte bei den 1.-Mai-Veranstaltungen 38 verletzte Personen, von denen 23 mit Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden mussten.

Auch die drei Oppositionsparteien lobten die Polizeitaktik. „Die Einsatzkräfte haben mit Besonnenheit und Stärke reagiert und viele Krawalle schon im Keim erstickt“, sagte der CDU-Abgeordnete Frank Henkel. Allseits gelobt wurde auch das vom Bezirksamt zum fünften Mal veranstaltete Myfest. Mehrere zehntausend Menschen feierten dort zu Musik auf einem Dutzend Bühnen. Bezahlt wird das Fest mit 150 000 Euro aus der Landeskasse. Auch in diesem Jahr hat das Myfest den Randalierern den Platz zum Austoben genommen, Polizeipräsident Glietsch lobte es als ein „Kernelement“ für einen friedlichen 1. Mai. Ebenso wichtig sei die Präventionsarbeit in Schulen und den türkischen Gemeinden. Unter den Randalierern war nach Einschätzung des Kreuzberger Bürgermeisters Franz Schulz (Grüne) ein großer Teil türkischer und arabischer Jugendlicher.

Glietsch betonte, dass zum Polizeikonzept auch schnelle, beweissichere Festnahmen gehörten. Bekanntlich werden Straftaten von der Polizei mit Videokameras dokumentiert – auch in diesem Jahr wieder mit Erfolg. Von den in der Walpurgisnacht festgenommenen 119 Personen wurden 58 wegen der Schwere der Tat dem Haftrichter vorgeführt. Von diesen 58 Tatverdächtigen erhielten 32 einen Haftbefehl. Von den 115 am 1. Mai Festgenommenen sollten sogar 81 einem Richter vorgeführt werden. Auffallend war nach Polizeiangaben, dass nur sehr wenige der Randalierer in der Vergangenheit wegen politischer Straftaten aufgefallen waren. Zudem war kein einziger Wiederholungstäter aus dem Vorjahr dabei. Dies zeige, dass die Randale vielfach von betrunkenen Spontantätern ausgehe und nicht von bekannten Linksextremisten. Oberstaatsanwalt Jörg Raupach beschrieb den Durchschnittstäter so: „Jung und männlich.“ Wie Glietsch sagte, habe es keine „Enttarnungen“ von Zivilpolizisten durch die autonome Szene gegeben. Diese hatten im Vorfeld angekündigt, Polizisten zu fotografieren und die Bilder dann zu veröffentlichen.

Der Innensenator betonte, dass man sich trotz des dritten relativ friedlichen 1. Mai in Folge nicht einschläfern lasse. Auch im kommenden Jahr werde die Polizei bei Straftaten sofort einschreiten. Kreuzbergs Bürgermeister Franz Schulz sagte, dass im kommenden Jahr vor allem die Zahl der Glasflaschen verringert werden müsse. Diese waren zu zehntausenden verkauft worden – von denen hunderte später als Wurfgeschoss dienten. Auch der Polizeipräsident forderte einen Verzicht auf Flaschen, mit Verboten lasse sich das aber sicher nicht durchsetzen. Bürgermeister Schulz kündigte an, darüber mit den Händlern zu sprechen.

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