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Berlin: Weniger Unternehmen als 1995

Die Wirtschaftsstruktur des Landes ist noch immer weit von westdeutschen Verhältnissen entfernt

Potsdam - Brandenburg ist aus der wirtschaftlichen Talsohle noch längst nicht heraus. Eine gestern in Potsdam vorgestellte 115-seitige Studie zur Entwicklung der Brandenburger Unternehmen benennt eine Reihe ernst zu nehmender Probleme wie anhaltende Betriebsschließungen, einen damit verbundenen Beschäftigungsrückgang und eine im Vergleich zu Westdeutschland deutlich geringere Produktivität.

Konkret ist die Zahl der Betriebe im Jahr 2005 weiter auf jetzt knapp 64 000 gesunken. Damit sei sogar der Bestand von 1995 wieder unterschritten, sagte Jürgen Wahse vom Institut für Sozialökonomische Studien, das die Analyse im Auftrag des Arbeitsministeriums alljährlich anfertigt. Gegenüber 1999, wo mit 75 000 Betrieben der Höchststand erreicht wurde, hat Brandenburg insgesamt rund 11 000 Unternehmen verloren.

Die meisten Verluste gibt es im Bau- und Reparaturgewerbe sowie im Handel. Für die geringe Stabilität der Betriebe wird auch ein für Brandenburg typisches Strukturproblem verantwortlich gemacht: Die Betriebe sind hier durchschnittlich wesentlich kleiner als westdeutsche. 76 Prozent haben weniger als zehn Beschäftigte, 98 Prozent unter 100.

Prekär ist auch eine andere Entwicklung: Nach der Studie geht die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten immer weiter zurück; sie sank 2005 erneut um 18 000 auf 698 000. Seit 1995 ist sie sogar um 213 000 oder 23 Prozent gesunken. Dass die Zahl der geringfügig Beschäftigten hingegen kontinuierlich steige, sei nur ein schwacher Trost, sagte Wahse, denn von den sozialversichungspflichtig Beschäftigten hingen sämtliche sozialen Sicherungssysteme ab.

Nach wie besteht auch ein beträchtlicher Produktivitätsrückstand der Betriebe Brandenburgs (wie auch Ostdeutschlands insgesamt) im Vergleich zu Westdeutschland. Gemessen an der Umsatzproduktivität erreichten die Brandenburger Betriebe 2004 nur 67 Prozent der westdeutschen Werte. Unter Berücksichtigung der längeren Arbeitszeit wurden 2005 sogar nur 62 Prozent erzielt. Der Bruttodurchschnittslohn betrug 2005 in Brandenburg zwar nur 1790 Euro, was 79 Prozent des westdeutschen Durchschnitts entspricht. Trotzdem lagen die sogenannten Lohnstückkosten teilweise noch über westdeutschem Niveau – bedingt durch die geringe Arbeitsproduktivität.

Um bei der Aufholjagd schneller voranzukommen – seit 2002 verringern sich die Abstände langsam – empfiehlt die Studie neben strukturellen Korrekturen eine Konzentration „auf die inneren Entwicklungsbedingungen der Betriebe“.

Eine „positive Tendenz“ sieht Wahse immerhin auf dem Fachkräftemarkt: Die rund 1000 befragten Betriebe, auf die sich die Studie stützt, seien mit 77 Prozent der 2005 neu eingestellten Mitarbeiter voll zufrieden gewesen. Dass bei 14 Prozent Kompromisse eingegangen werden mussten und neun Prozent der Bewerber abgewiesen werden mussten, entspreche westdeutschen Werten. Dies sei neu. Trotzdem sieht das Landesarbeitsministerium auch hier noch einen Nachholbedarf.

Michael Mara

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