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Berlin: Wenn das Schule macht

Harsche Reaktionen auf Abkehr vom Einheitslehrer. Koalition würdigt Weichenstellung „für Jahrzehnte“.

Das neue Gesetz zur Lehrerbildung ist in den Augen der Grünen ein „bildungspolitisches Verbrechen“. Ebenso wie Linke und Piraten nutzten sie den Schulausschuss am Donnerstag, um ihre Kritik am mühevoll ausgehandelten Kompromiss der Koalition zu bündeln. Insbesondere das Beharren der CDU auf zwei getrennte Studiengänge für Gymnasial- und Sekundarschullehrer entfachte den Zorn der Opposition. Aber es half alles nichts: Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen wurde der Gesetzentwurf zur Beschlussfassung an das Parlament verwiesen, nachdem am Mittwoch der Wissenschaftsausschuss zugestimmt hatte.

Wie berichtet, hat die Koalition an einigen entscheidenden Punkten den Gesetzentwurf von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) geändert. Der neu hinzugefügte Schlüsselsatz lautet, dass Gymnasial- und Sekundarschullehrer „in zwei differenzierten Studiengängen studieren“. Diese beiden Studiengänge müssen sich „hinsichtlich der Schwerpunktsetzung in Fachlichkeit und Bildungswissenschaften unterscheiden“. Das sei notwendig, um der Unterschiedlichkeit der Schüler gerecht zu werden“, erläutert Stefan Schlede (CDU), der erleichtert ist über den Kompromiss. Wobei noch immer nicht ganz klar ist, was mit der „unterschiedlichen Fachlichkeit“ überhaupt gemeint ist: Sollen die Gymnasiallehrer tiefer in ihr Fach einsteigen oder nur mit einer anderen Didaktik? Diese Fragen müssen noch beantwortet werden.

Bis zuletzt hatte die SPD versucht, die Unterschiede möglichst gering zu halten. Um eine gesetzliche Festlegung im Sinne der CDU zu verhindern, wollte die SPD die Frage der Unterscheidung offenhalten und erst später – ohne den Koalitionspartner – durch Rechtsverordnungen regeln. Dies rief die CDU auf den Plan. Die zusätzlichen Verzögerungen bewirkten, dass das neue Gesetz erst zum Wintersemester 2015/16 wird in Kraft treten können. Die ersten neu ausgebildeten Lehrer werden erst 2021/22 Examen machen, dann ihre Referendariate absolvieren und 2023 fertig sein.

Dennoch wollte sich die Koalition die Freude am Durchbruch nicht nehmen lassen. „Auf Jahrzehnte werde das Gesetz die Lehrerbildung prägen“, prognostizierte Hildegard Bentele (CDU). Es sei „das bildungspolitisch größte Projekt der Koalition in dieser Legislaturperiode“, betonte SPD-Bildungspolitiker Ilkin Ösizik. Die Empfehlungen der Lehrerbildungskommission unter dem Pisa-Forscher Jürgen Baumert seien „zu 95 Prozent“ berücksichtigt worden. Tatsächlich findet sich vieles aus Baumerts Bericht wieder, insbesondere im Bereich der Grundschulen. Die Grundschullehrer sollen künftig verbindlich Deutsch und Mathematik studieren.

Dies ist den stets verheerenden Ergebnissen der Berliner Schüler bei den Vergleichsarbeiten und bei zentralen Prüfungen wie erst jüngst dem Berufsbildungsabschluss geschuldet. Sekundarschullehrer kritisieren, dass sie den Stoff der Mittelstufe nicht vermitteln können, weil es in den Grundschulen nicht gelinge, die Basis zu schaffen. Insbesondere versagten Grundschullehrer dabei, Probleme für Rechenschwäche oder Rechtschreibschwäche zu erkennen.

Zu den weiteren zentralen Bausteinen des Lehrerbildungsgesetzes gehört das verbindliche Praxissemester im Masterstudium sowie sechs Praxiswochen während des Bachelorstudiums. Susanne Vieth-Entus

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