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Berlin: Wenn der Abfluss stockt

Lagert sich Lymphflüssigkeit im Gewebe ein, kann es zu Schwellungen kommen. Damit Betroffene nicht zum Pflegefall werden, müssen sie regelmäßig – oft im Jahresabstand – zur Reha

Was sind Lymphödeme?

Das sind Schwellungen, die entstehen, wenn sich Lymphflüssigkeit im Gewebe einlagert. Lymphe ist eine zähflüssiges Sekret, das sich zwischen den Zellen des Körpers befindet und unter anderem Eiweiße und Abfallprodukte der Zellen abtransportiert. Der Körper produziert täglich rund zwei Liter dieser Flüssigkeit und leitet sie über das Lymphsystem zu den Venen ab. Wenn dieses System aus kleinen und größeren Gefäßen, das sich wie ein Spinnennetz über den ganzen Körper zieht, gestört ist, kann die Lymphe nicht richtig abfließen und lagert sich im Gewebe ab. „In der Folge schwellen die betroffenen Körperregionen an“, sagt Manfred Klare, Chefarzt der Seeklinik Zechlin, einer Fachklinik für Lymphologie und Ödemkrankheiten. In Extremfällen können sich die Gliedmaßen dabei um über 200 Prozent vergrößern.

Wie entstehen sie?

Man unterscheidet zwischen primären und sekundären Lymphödemen. Primäre Lymphödeme gehen auf angeborene Störungen des Lymphsystems zurück. Sekundäre Lymphödeme entstehen dagegen aufgrund anderer Erkrankungen wie zum Beispiel Thrombosen oder auch durch die Therapie anderer Krankheiten. Dies kann beispielsweise bei der Behandlung von Brustkrebs passieren: Hier entfernen die Ärzte neben dem Tumor in manchen Fällen auch die Lymphknoten in der Achselhöhle, wodurch der Abfluss der Lymphe unterbrochen wird. Primäre Lymphödeme betreffen – ähnlich wie die sogenannten Lipödeme, bei denen sich Wasser vor allem in den Fettzellen der Beine einlagert – vor allem Frauen.

Wo im Körper können Lymphödeme auftreten?

„Primäre Lymphödeme beginnen meist am Fuß und breiten sich dann langsam nach oben hin aus“, sagt Chefarzt Klare: Da das Lymphsystem zu schwach ist, um die Flüssigkeit nach oben zu transportieren, sammelt sich die Lymphe zunächst in den Zehen und staut sich dann immer weiter auf. Prinzipiell können die Schwellungen jedoch in allen Körperteilen auftreten: Den Armen, den Beinen, im Gesicht, am Bauch oder auch an den Genitalien.

Warum muss man wegen der Ödeme eine Reha machen?

Lymphödeme sind chronische Erkrankungen, die stetig fortschreiten. „Ohne eine Rehabilitation können die Betroffenen erwerbsunfähig und sogar dauerhaft pflegebedürftig werden“, sagt Chefarzt Klare. Denn die angeschwollenen Gliedmaßen werden schwer, schmerzen und schränken die Bewegungsfreiheit ein. „Außerdem leiden viele Patienten psychisch an den entstellenden Schwellungen“, sagt der Internist.

Daher werden in der Seeklinik Zechlin auch weniger Anschlussheilbehandlungen durchgeführt: Die meisten Rehabilitanden kommen aus der ambulanten Behandlung eines niedergelassenen Arztes in die lymphologische Reha. Diese dauert durchschnittlich 27 Tage anstelle der für eine Anschlussheilbehandlung üblichen drei Wochen, da diese nur selten ausreichen, um die Lymphödeme zu entstauen. Zudem ist der normale, gesetzlich vorgeschriebene Vierjahresabstand zwischen zwei rehabilitativen Maßnahmen für Lymphödem-Patienten häufig zu groß. „Viele müssen einmal jährlich eine stationäre Intensivtherapie machen, um die Ödeme effizient zu behandeln.“ Dies würden die Kostenträger jedoch meist auch bewilligen.

Welche Behandlungen finden während der Rehabilitation statt?

Hauptbestandteil einer lymphologischen Intensivtherapie ist in der Regel die sogenannte komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE). Sie besteht aus manuellen Lymphdrainagen, Kompressionsbandagierungen und Entstauungsgymnastiken. „Eine manuelle Lymphdrainage ist eine spezielle Massageform, mit der die angestaute Lymphe aus dem Körper befördert wird“, sagt Reha-Chefarzt Klare. Mit streichenden Bewegungen aktivieren die Therapeuten dabei die Lymphgefäße. Diese transportieren dann die Flüssigkeit über das Lymphsystem zum sogenannten Milchbrustgang. Hier, im Bereich oberhalb des linken Schlüsselbeins, mündet das Lymphsystem in das Venensystem. Über die Venen gelangt die Lymphe dann letztlich zu den Nieren, über die sie schließlich ausgeschieden wird. „Deshalb müssen unsere Patienten nach einer intensiven Lymphdrainage auch dringend auf die Toilette“, sagt Klare. Nach der Massage legen die Therapeuten den Patienten lymphologische Kompressionsbandagen an, die diese den ganzen Tag über tragen müssen. „So kann die Flüssigkeit nicht wieder zurück in die betroffene Körperregion fließen.“ Die Gymnastik als dritter Bestandteil der KPE besteht aus physiotherapeutischen Übungen, die sowohl auf die Arme als auch auf die Beine ausgerichtet sind. Sie dient dazu, die Muskulatur in den Gliedmaßen zu stärken, da Muskelkontraktionen auch zum Transport der Lymphflüssigkeit beitragen.

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