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Berlin: Wenn der Ball rollt, soll das Auto stehen bleiben

Verkehrskonzept des Senats zur Fußball-WM sieht Sperrungen und weiträumige Umleitungen vor. S-Bahnen fahren rund um die Uhr

Berlin - Eine separate WM-Spur für Ehrengäste oder Funktionäre soll es zur Fußball-Weltmeisterschaft im Juni und Juli nicht geben. Dies erklärte Ralf Brodback, der Leiter der Verkehrslenkung Berlin, gestern. Nur Staatsgäste würden mit Polizeibegleitung und Ampelumschaltung Vorfahrt genießen. Und bis zu 20 000 Besucher lässt der Weltfußballverband Fifa mit einem eigenen Shuttle-Service von ihren Hotels zum Stadion bringen.

Jeder andere Ticketinhaber wird über Straßen- oder Schienennetz seinen Weg ins Olympiastadion finden müssen. Dabei soll der Schienenverkehr die Hauptlast tragen. Dies sieht das gestern vorgestellte WM-Verkehrskonzept des Senats vor. Die U-Bahnlinie U2 kann etwa 18 000 Fahrgäste in der Stunde zum Olympiastadion bringen. Die S-Bahnlinien S 75 und S 9 kommen auf knapp 30 000 Fahrgäste. Vor und nach den Spielen soll durch zusätzliche Züge ein 2,5 Minutentakt erreicht werden. In 1,5 Stunden sollen so alle Besucher weggefahren werden können. Darüber hinaus wird während des WM-Zeitraums die S-Bahn mit Ausnahme der S8 rund um die Uhr fahren, die U-Bahn soll an Spieltagen nachts fahren.

Etwas komplizierter wird die Anfahrt für WM-Besucher mit Autos. Für sie stehen auf dem Messegelände 7200 Parkplätze bereit (siehe Infokasten), von wo aus sie ebenfalls mit U- und S-Bahn zum Stadion gebracht werden – und zwar auf festgelegten Wegen je nach Sitzplatz im Stadion. So stehen die Parkplätze auf dem Hammarskjöldplatz nur für Besitzer von Karten für die Ostkurve zur Verfügung. Viel näher kommen die Besucher mit dem Auto nicht heran, denn an Spieltagen wird im Umkreis des Stadions eine „Sonderzone Verkehr“ eingerichtet. Von zehn bis 24 Uhr kommen dann nur noch Anwohner mit Vignetten, deren Gäste, Gewerbetreibende, Einsatzkräfte, Taxen und Fahrräder in die Wohngebiete rund um das Stadion. Für Fahrräder sind am Olympiastadion 700 Abstellplätze vorgesehen. In einer ersten Stellungnahme kritisierte die Industrie- und Handelskammer Berlin die Sonderzone als „wirtschaftsfeindlich“ und schlägt beispielsweise vor, über Pfandmarken Gewerbekunden den Zugang zu den Gebieten zu ermöglichen.

Auch in der Innenstadt dürfte es während der WM-Zeit vom 9. Juni bis 9. Juli zu erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen kommen. Zahlreiche Veranstaltungen, von denen die Fanmeile auf der Straße des 17. Juni nur die größte ist, werden tausende Menschen pro Tag anziehen. Allein durch den Ausfall der Straße des 17. Juni müssen etwa 40 000 Autos pro Tag umgeleitet werden; offen ist noch, ob die benachbarte John-Foster-Dulles-Allee gesperrt wird. Eine nördliche Umfahrung des Bereichs soll über die Straßen Unter den Linden, Wilhelmstraße, Alt-Moabit und Spreeweg erfolgen, eine südliche über Friedrichstraße, Wilhelmstraße, Leipziger Straße, Kanaluferstraßen und Hofjägerallee.

Spielbesuchern von außerhalb sollen Hinweisschilder schon auf den Autobahnen auf ihrem Weg helfen. Brodback sagte, es würden „programmierbare Tafeln mit integrierten Stauinformationen“ aufgebaut. Über die A 111 aus dem Norden, die A 115 aus dem Südwesten und die A 113 aus dem Südosten sollen die Autos in die Stadt geführt werden. Bei Staus sind Ausweichmöglichkeiten eingeplant. Eine Ballung am ohnehin schon stark belasteten Autobahndreieck Funkturm werde aber wohl unvermeidlich sein. Dafür soll auf so genannten „Premiumstraßen“ der Verkehr nicht durch Baustellen oder Veranstaltungen gestört werden (siehe Kasten). Mit dem Zusatz „Premium“ werden nahezu alle Hauptverkehrsstraßen in der Innenstadt geadelt.

Eine von der Verkehrsverwaltung eingerichtete Verkehrsnachrichtenagentur soll ab Mai regelmäßig über die aktuelle Verkehrslage informieren. Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) appellierte an die Berliner, die in der Innenstadt wohnen, während der WM weitgehend auf ihr Auto zu verzichten. Alle anderen bat sie, die Innenstadt weiträumig zu umfahren.

Matthias Jekosch

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