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Berlin: Wer hat das größere Problem mit dem Umzug? Bonner? Berliner? Eine Diskussion im Hotel Interconti

Zehn Jahre nach dem Mauerfall ist Berlin noch immer eine geteilte Stadt. Die Bonner werfen den Berlinern "ausgeprägtes Anspruchsdenken" vor, die Berliner kontern, Bonn habe seine Niederlage beim Wettlauf um die Hauptstadtfunktionen nicht verwunden.

Zehn Jahre nach dem Mauerfall ist Berlin noch immer eine geteilte Stadt. Die Bonner werfen den Berlinern "ausgeprägtes Anspruchsdenken" vor, die Berliner kontern, Bonn habe seine Niederlage beim Wettlauf um die Hauptstadtfunktionen nicht verwunden. Wie tief die Kluft zwischen Bonn und Berlin, aber auch Ost und West nach wie vor ist, zeigte sich beim Treffpunkt Tagesspiegel am Dienstagabend im Hotel Intercontinental. Zum Thema "Angekommen in Berlin" diskutierten Wolfgang Wagner, Direktor der Berliner BMW-Niederlassung, Friedel Drautzburg, Chef der "Ständigen Vertretung" am Schiffbauer Damm, die Schauspielerin Brigitte Grothum, Tissy Bruns von der Parlamentsredaktion des Tagesspiegels und Moderator George Turner.

Dem Bayern Wolfgang Wagner fiel die Rolle des Optimisten zu. "Die Metropole Berlin wird Anziehung auf ganz Deutschland ausüben", sagte er und verwies auf zahlreiche Gespräche mit Kollegen aus ganz Deutschland: "Die haben Angst, was zu verpassen, so lange sie nicht in Berlin sind." Wagners Prognose: In den nächsten zwei oder drei Jahren wird es in Berlin eine Menge an Investitionen geben. Auch BMW wolle in Berlin wachsen.

Der Gastwirt Friedel Drautzburg hatte nach seinen Worten nie etwas gegen Berlin, war aber erklärter "Gegner der Verlagerung der Hauptstadtfunktion vom Rhein an die Spree". Drautzburg, der 1997 nach Berlin kam, hat beobachtet, dass die Deutschen gespalten sind. Es gebe neben Ost- und Westdeutschen die Ost- und West-Berliner. Den Unterschied zwischen Rheinländern und Berlinern beschrieb Drautzburg kurz und bündig: "Die Berliner haben ein Problem mit dem Umzug, die Bonner nicht." Der Gastwirt glaubt, dass die Bedeutung des Regierenden Bürgermeisters noch immer "durch die provinzielle Berliner Presse" übertrieben wird. Das werde sich legen. "Was in Berlin für Bund und Botschaften verbaut worden ist, wäre in ostdeutschen Jugendzentren besser investiert gewesen", befand der streitbare Bonner.

Für die Schauspielerin Brigitte Grothum stand fest, dass "die Berliner sehr gut mit dem Regierungsumzug klarkommen". Gleichwohl räumte die Künstlerin ein, dass die Unterschiede zwischen Ost und West noch immer erheblich seien.

Tissy Bruns, die bislang in Bonn für den Tagesspiegel tätig war und jetzt in Berlin arbeitet, setzte einen anderen Akzent. Bundestag und Regierung hätten nach der Ankunft in Berlin versucht, sich gegen die Presse abzuschotten. Dagegen sei in Bonn alles sehr offen gewesen. "Die Berliner Öffentlichkeit wird eine größere Rolle spielen als die in Bonn", prognostizierte Frau Bruns und schloss optimistisch mit den Worten, das rheinische Element werde Berlin gut tun, denn Rheinländer seien offen und anpassungsfähig.

Moderator George Turner ergriff diesmal selbst das Wort. Nach einer Stichelei Turners gegen den abwesenden Bauminister Franz Müntefering warf der SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Mark dem Moderator vor, er wolle "eine Grundstimmung der Konfrontation" erzeugen. Turner wies den Vorwurf zurück und erklärte, Müntefering habe kurzfristig abgesagt, ohne einen Vertreter zu entsenden.

Michael Brunner

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