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Berlin: Wer hat den Schlüssel zum Schloss?

Auch wenn die Schlossplatz-Kommission jetzt in die Zielgerade läuft - ein Schloss-Votum als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk dürfte es für die Befürworter des gesprengten Hohenzollernbaus nicht geben. Aber über "städtebauliche Empfehlungen zum Umfeld des Schlossplatzes" will die "Internationale Expertenkommission Historische Mitte Berlin" heute bei ihrer neunten und vor-vorletzten Sitzung beraten.

Auch wenn die Schlossplatz-Kommission jetzt in die Zielgerade läuft - ein Schloss-Votum als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk dürfte es für die Befürworter des gesprengten Hohenzollernbaus nicht geben. Aber über "städtebauliche Empfehlungen zum Umfeld des Schlossplatzes" will die "Internationale Expertenkommission Historische Mitte Berlin" heute bei ihrer neunten und vor-vorletzten Sitzung beraten. Wenn der Vorsitzende Hannes Swoboda am Mittag die Ergebnisse mitteilt, wird er vermutlich wieder nach dem Schloss-Wiederaufbau gefragt und sagen, dass es eine originalgetreue "Kopie" nicht geben wird. Und dass die Zeit für genaue architektonische Empfehlungen noch immer nicht gekommen und spätestens im Januar zu erwarten ist.

Schloss oder nicht Schloss - dieses Frage-und-Antwort-Spiel in der Öffentlichkeit ist fast schon zum Ritual geworden, erst vor knapp drei Wochen wurde es aufgeführt, als sich die 23-köpfige Kommission, der Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin angehört, auf ein Nutzungskonzept verständigt hatte. Es sieht vor, die außereuropäischen Sammlungen der Dahlemer Museen, die wissenschaftlichen Sammlungen der Humboldt-Uni und die Zentral- und Landesbibliothek anzusiedeln, garniert mit Gastronomie und einem großen Mehrzwecksaal. Erst über die Nutzung wollte man Klarheit haben, um dann genauer über die Gestaltung der Hülle nachzudenken. Sie sollte allerdings - soweit war man sich unter den Experten der Kommission einig - auf dem Grundriss des alten Schlosses entstehen und zumindest teilweise an die historische Form erinnern. So stand es auch in der alten Berliner Koalitionsvereinbarung. In der künftigen dürfte die FDP als Schlossbefürworterin deutlichere Akzente durchsetzen wollen.

Auch ist noch keineswegs ein klares Urteil über den Palast der Republik gefällt, der zunächst für 70 Millionen Mark von Asbest befreit werden sollte, den Bund aber bis zum September nächsten Jahres mindestens 70 Millionen Euro kostet. Die steigenden Sanierungskosten machen einen späteren Abriss nicht leichter. Außerdem wird das bald asbestbefreite Bauwerk keinesfalls ein so karges und unbrauchbares Gerippe sein, wie anfangs erwartet. So neigen Experten der Kommission dazu, mindestens Teile des Hauses zu erhalten und in einen Neubau zu integrieren. Bund und Land Berlin, dem auch das Schlossplatz-Grundstück gehört, sind sich darüber hinaus zunehmend bewusst geworden, dass sich für Neubauten nur schwer private Finanziers finden lassen, die mit einer weitgehend öffentlichen Nutzung einverstanden sind. Bisherige Vorschläge, etwa die Ausgabe von Schlossplatz-Aktien, überzeugten nicht. Zwei Milliarden Mark mindestens müssten investiert werden.

Eine Entscheidung der Schlossplatz-Kommission über die künftige Gestaltung des Geländes ist außerdem unverbindlich, Kritiker in Reihen der Bundesministerien sprechen von viel heißer Luft, die das von Bund und Land eingesetzte Gremium produziert. Es kann nur Empfehlungen abgeben. Darauf hatte schon der frühere Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen hingewiesen, als er fürchtete, dass die Kommission möglicherweise deutlich gegen einen Schloss-Wiederaufbau votiert. Aber eine Empfehlung dürfte ohnehin erst einmal folgenlos bleiben - wie der teure Spreeinsel-Wettbewerb von 1994 mit 1100 Architektenteams und ein späteres Investorenverfahren. Der Bund wird vor den Wahlen 2002 angesichts knapper Kassen keine Entscheidung treffen wollen, auch weil ihn die Sanierung des Weltkulturerbes Museumsinsel mehr kostet als erwartet.

Christian van Lessen

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