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Berlin: Wer partout sein Knöllchen nicht zahlt, wird gekrallt

Nicht nur säumigen Steuerzahlern soll das Auto blockiert werden, bis sie ihre Schulden begleichen. Hartleibigen Verkehrssündern soll es genauso gehen

Ist das Auto erstmal stillgelegt, kommt sein Besitzer in Bewegung. Nach dieser Idee funktionieren die Pläne von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), säumigen Schuldnern auf die Sprünge zu helfen. Und diese Pläne reichen weiter als bisher bekannt. Wie der Sprecher der Finanzverwaltung, Claus Guggenberger, am Wochenende bestätigte, soll nicht nur den Schuldnern von Lohn-, Umsatz- oder Gewerbesteuer, sondern auch schludrigen Verkehrssündern mit der Kralle auf die Sprünge geholfen werden.

Nicht allerdings gewöhnlichen Parksündern, das heißt: nicht sofort. Wer in der Verbotszone parkt, bekommt ein Knöllchen und wird gegebenenfalls abgeschleppt. Wer in der Parkzone die Gebühren nicht entrichtet, bekommt ebenfalls ein Knöllchen. Dann folgt der Brief mit dem Absender „Der Polizeipräsident von Berlin.“ Er enthält einen Bescheid mit Zahlungsaufforderung. Wer sich nun im weiteren Verlauf als hartleibig erweist, ohne dabei im Recht zu sein, dem wird künftig die gelbe Spinne angelegt. „Das ist eine besondere Form der Sachpfändung“, erläutert Guggenberger den rechtlichen Hintergrund des Vorhabens. Andere deutsche Städte praktizieren die Krallen-Methode längst.

Für den Berliner Haushalt könnte sich das Vorhaben lohnen. Allein die Steuerrückstände belaufen sich auf 586 Millionen Euro, allein 13 Millionen davon sind Kfz-Steuer. Die ausstehenden Bußgelder dürften ebenfalls in die Millionen gehen. Die Stadt hat das Geld bitter nötig – auch wenn die 586 Millionen Euro gerade mal der Berliner Zinslast von neunzig Tagen entsprechen.

In anderen Ländern wird auch regulären Parksündern die Kralle angelegt. Wer gleich zahlt, kommt frei, ein Verwaltungsverfahren fällt aus. Die Spanier entlasten ihre Polizei so und bieten Verkehrssündern Rabatt: Wer zu schnell fährt und sofort zahlt, bekommt 30 Prozent Abschlag. Hier zu Lande steht die Kralle erst ganz am Ende der Kette. Nach der Zahlungsaufforderung kommt erstmal die Zahlungserinnerung, dann das Mahnverfahren, und irgendwann meldet sich ein Vollstreckungsbeamter. Wer Widerspruch einlegt und Klage erhebt, kann das Verfahren um Monate oder Jahre verschleppen. So lange nicht geklärt ist, dass dem Staat die geltend gemachte Forderung wirklich zusteht, wird auch nichts vollstreckt. Die Kritik des ADAC, das sei eine Art moderner Pranger, und Nötigung auch nicht das richtige Mittel, um Steuerschulden einzutreiben, weist die Finanzverwaltung zurück. Auch wer privat Schulden habe, müsse mit Vollstreckung rechnen: „Wenn der Gerichtsvollzieher kommt und der Lohn gepfändet wird, merken es die Nachbarn und der Arbeitgeber ja auch.“

Fatina Keilani[Werner Schmidt]

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