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Die Wahl des Siegers. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hält sich bislang beide Optionen offen. Er will mit den Grünen und der CDU verhandeln.

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Wer regiert Berlin?: Die Zeichen stehen auf Rot-Grün

Die SPD will die Bildung einer neuen Landesregierung zügig vorantreiben. Die Grünen werden schon für Mittwoch, die CDU für Donnerstag zu Sondierungsgesprächen eingeladen. Dabei gibt es eine klare Präferenz.

Von
  • Ulrich Zawatka-Gerlach
  • Sabine Beikler

Der Landesvorstand der Sozialdemokraten beschloss die Gespräche mit Grünen und CDU am Montagabend. „Wir gehen offen in die Gespräche hinein“, versicherte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. Wichtig sind für ihn eine solide Vertrauensbasis und möglichst große politische Gemeinsamkeiten. „Wir brauchen eine stabile Mehrheit“, forderte Wowereit. Das gehe aber „selbstverständlich“ auch mit nur einer Stimme Mehrheit im Parlament.

Trotz knapper Mehrheitsverhältnisse stehen bei der SPD, aber auch bei den Grünen die Zeichen jetzt schon auf Rot-Grün. „Ich bevorzuge klar eine solche Koalition“, sagte die SPD-Vizechefin Iris Spranger, die dem rechten Parteiflügel angehört und aus Marzahn-Hellersdorf kommt. Zwei Drittel der Berliner Wähler hätten Mitte-Links gewählt, dem müssten die Sozialdemokraten Rechnung tragen. Auch der Reinickendorfer SPD-Kreischef Jörg Stroedter bezeichnete ein Regierungsbündnis mit der CDU als „falsches Signal“. Die Wahl habe das linke Lager gestärkt, und auch im Bund gehe es schließlich in Richtung Rot-Grün.

Der Spandauer Vize-Kreischef Daniel Buchholz hält die Union für „nicht regierungsfähig“. Es gebe in Berlin eindeutige gesellschaftspolitische Mehrheiten „und die sagen mir nicht, dass der CDU-Landesvorsitzende Frank Henkel neuer Innensenator werden soll“. Ähnlich argumentieren viele SPD-Funktionäre aus allen Stadtregionen und innerparteilichen Strömungen, obwohl es auch skeptische Stimmen gibt. Grundlegende Voraussetzung für Rot-Grün sei, „dass wir die Wahl des Regierenden Bürgermeisters im Parlament geschlossen hinkriegen und die Koalition atmosphärisch funktioniert“, forderte Michael Arndt, SPD-Kreischef in Steglitz-Zehlendorf. „Obstruktion geht gar nicht.“ Die SPD-Sozialpolitikerin Ülker Radziwill erwartet von den Grünen, dass sie „nicht als Truppe von Individualisten agiert, sondern diszipliniert und verantwortungsvoll“.

Lesen Sie auf Seite 2, welche Rolle die hauchdünne Mehrheit von nur einem Sitz bei der Regierungsbildung spielen könnte.

Sozialdemokraten und Grüne haben im neuen Abgeordnetenhaus zusammen 78 Mandate. Das ist nur ein Sitz über der absoluten Mehrheit, mit der der Regierungschef gewählt werden muss. „Wir brauchen einen verlässlichen Partner“, forderte der SPD-Abgeordnete Frank Zimmermann. Deshalb wendet sich in der SPD niemand dagegen, auch mit der CDU die Chancen für eine Koalition fair und ergebnisoffen zu sondieren. „Es geht darum, ganz nüchtern und unvoreingenommen zu prüfen, wie man eine stabile Regierung hinbekommt, die eine vernünftige Politik macht“, sagte der Neuköllner SPD-Kreischef Fritz Felgentreu.

Die Grünen forderten die SPD auf, aus einer „stabilen Mehrheit“ für Rot-Grün etwas zu machen, sagte Fraktionschef Volker Ratzmann. „Wir sind ein zuverlässiger Partner. Es gibt eine absolute Geschlossenheit in der Partei, wenn wir uns aufmachen, diesen Weg zu gehen für eine gute und nachhaltige Politik“, versprach er der SPD. Auch Rot-Rot habe nach der Wahl 2006 nur eine Stimme über der absoluten Mehrheit gehabt. „An uns soll es nicht liegen. Wir sind bereit“, sagte Ratzmann. Die Spitzenkandidatin Renate Künast ergänzte, sie hoffe auf eine rot-grüne Regierung, „die den Dornröschenschlaf ablöst und endlich was in Berlin bewegt“.

Künast wird gemeinsam mit den beiden Fraktions- und Landeschefs an den Sondierungsgesprächen teilnehmen. Anschließend will sie den „Staffelstab“ weitergeben. Die Grünen wollen am 30. September die Ergebnisse der Sondierungen auf einer Mitgliederversammlung beraten und die Parteibasis darüber abstimmen lassen, ob Koalitionsverhandlungen geführt werden. Die Grünen seien nicht einfach „der Ersatz für die Linken“, stellte Künast klar. Einer der strittigen Punkte wird die Verlängerung der Stadtautobahn A 100 sein, die von den Grünen abgelehnt wird. Die Aussagen zur A 100 hätten weiter Bestand, sagte Künast. Darüber wolle man aber zuerst mit der SPD sprechen. Alles andere wäre unprofessionell. Dass ohne ein Nein zur A 100 kein Koalitionsvertrag unterzeichnet werde, wie es Ratzmann kurz vor der Wahl sagte, hörte man in dieser Entschiedenheit nicht mehr.

Der CDU-Landeschef Frank Henkel sagte am Montag, dass die Union „nur für ernsthafte Gespräche zur Verfügung“ stehte, aber nicht als Alibipartner, um die Preise für Rot-Grün hochzutreiben.

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