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Berlin: Wer zu zweit für drei Gänge und einen mittleren Wein 300 Mark verbrät, kann mehr erwarten

Bergstraße 22, 10115 Berlin-Mitte, Telefon: 280 71 21, geöffnet: täglich ab 12 Uhr, Kreditkarten: alle gängigenBernd Matthies Aufbruch Ost? Da war mal was, aber da ist nichts mehr.

Bergstraße 22, 10115 Berlin-Mitte, Telefon: 280 71 21, geöffnet: täglich ab 12 Uhr, Kreditkarten: alle gängigenBernd Matthies

Aufbruch Ost? Da war mal was, aber da ist nichts mehr. Klar: Einige Standorte haben sich gastronomisch etabliert und sind inzwischen nahezu unsinkbar - der Kollwitzplatz für alles zwischen Kneipe und bunter Mittelklasse, der Gendarmenmarkt für Restaurants vom ganz tiefen bis zum ganz hohen Niveau. Aber jenseits dieser Zentren ist das Eröffnen neuer Restaurants immer noch eine Gratwanderung, wie nicht zuletzt das Ende des "Rosenbaum" gezeigt hat, das an der Ecke Schönhauser Allee/Oderberger Straße doch eigentlich ganz richtig zu liegen schien.

Noch viel heikler sah die Sache von Anfang an für das "Maxwell" aus, das sich nach seinem Umzug aus Wilmersdorf in der düsteren Bergstraße in Mitte auf einem Innenhof versteckte und somit freiwillig weiterhin den Status des Insider-Tips zu beanspruchen schien. Ich bin seitdem nicht mehr hingekommen und war nun gespannt, in welche Richtung sich der Betrieb entwickelt hat. Und jetzt fürchte ich, daß es die falsche ist.

Dabei fanden wir, abgesehen von einer verbrannten und anstandslos ausgetauschten Hühnerbrust, nichts wirklich schlecht. Entscheidend für unseren negativen Eindruck war eine lustlose, uninspirierte Stimmung, die möglicherweise mit dem Biorhythmus des Personals zu tun hatte oder mit der kläglichen Auslastung, die es hier früher nicht gab. Und es waren vor allem die seitdem kraß gestiegenen Preise: Wer zu zweit für drei Gänge und einen mittleren Wein 300 Mark verbrät, kann mehr erwarten. In dieser Liga spielen die "Kaiserstuben" und das "Alte Zollhaus", um nur zwei stärkere Konkurrenten zu nennen.

Es war eines jener Essen, deren Ablauf man schnell aufschreiben muß, um ihn nicht sofort zu vergessen. Roulade von Königsfisch (?) und Lachs, optisch nicht sehr ansprechend, geschmacklich ganz angenehm, gute Konsistenz, gutes Aroma, dazu ein asiatisch angemachter Sprossensalat und kleingeschnittener Radicchio, für bedenkliche 24 Mark. Die Ochsenbackenterrine, tatsächlich eine etwas zu feste Sülze, schmeckte ebenfalls recht gut, dazu gab es einen Meerrettich-Krautsalat, was dennoch die starken 21 Mark auf der Rechnung nicht rechtfertigte.

Am besten schmeckten die saftigen Kalbshaxenscheiben mit roten Beten und Selleriepüree. Dann die besagte Hühnerbrust, in einem dünnen Teig gebacken, mit Zitronengras aromatisiert, dazu ein guter süßlich asiatisch gewürzter Reis und Zuckerschoten, das war eine ganz runde Sache, wenn auch weit entfernt von jener höchst überdurchschnittlichen Qualität, die wir bei einem 42-Mark-Huhn wohl erwarten dürfen. Alles modisch, nichts wirklich fein.

Daß uns der erste Versuch des Huhns als verbrannte Ruine erreichte, nahmen wir als Symptom für die Schieflage des Betriebs. Ja doch! Natürlich kommt es in den besten Restaurants vor, daß irgendetwas verbrennt; nie (nie!) darf aber vorkommen, daß der Koch es trotzdem klammheimlich auf den Teller legt, die Kollegen zusehen und der Service es treuherzig aufträgt nach dem Motto, die doofen Gäste würden das für authentische Multi-Kulti-Küche halten. Die einzige Entschuldigung bestand übrigens in einem dreifachen Tut-mir-leid der Kellnerin. Souveräne Restaurantprofis wissen, daß sie bei solchen Vorfällen eingreifen müssen, weil sonst die Stimmung unrettbar kippt - hier stand einer, der vage nach Chef aussah, und kümmerte sich um nichts.

Schlichtheit bei Desserts, die dann wieder auf der qualitativen Mittellinie lagen, "gebratener", also mit etwas karamelisierten Mandeln angerichteter Vanillepudding und Quarkschaum mit Holunder, Routinekram fern der Saison. Auch das war hier schon mal besser, auch das zeigte eine bedenkliche Kluft zwischen Wareneinsatz und Preis (15 Mark). Zu stagnieren scheint die Weinkarte, die weiterhin einige Highlights enthält, aber nicht für umsonst: Der vorzügliche Sauvignon St. Valentin aus Südtirol wird mit 85 Mark abgerechnet, was einem Aufschlag von mindestens 300 Prozent entspricht. Das rasante Küchentempo trieb den Weinservice so an, daß wir nicht einmal den Aperitif austrinken konnten, auch ein Zeichen für gravierende Kommunikationsprobleme. Und für den Gast ärgerlich: Wer ein sattes Tagesgehalt im Restaurant ausgibt, möchte dabei nicht auch noch gehetzt werden.

Hatte ich schon gesagt, daß das so nichts wird? Also: So wird das nichts. Hoffentlich nur ein Zwischentief.

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