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Berlin: Werbung gegen den Preisschock

Von Ulrike Granass Mit ungläubigem, ja verschrecktem Blick starrt Kristin S. vermutlich auf ein Preisschild.

Von Ulrike Granass

Mit ungläubigem, ja verschrecktem Blick starrt Kristin S. vermutlich auf ein Preisschild. „Ich stehe unter Euro-Preisschock“, sagt die fiktive Kauffrau in der Werbung von Peek & Cloppenburg, die in dieser Woche unter anderem im Tagesspiegel erschienen war. Kristin S. scheint damit die allgemeine Stimmung unter den Verbrauchern auszudrücken. Eine Stimmung, die auch zum Umsatzrückgang im Einzelhandel beigetragen hat und auf die sich nun verstärkt die Werbung richtet. Die aber täuscht, denn die Preise im Textileinzelhandel sind seit dem Euro real nicht gestiegen, behauptet der Handel. „Auf unsere Kalkulationen blicken wir mit einem reinen Gewissen“, sagt Daniel Eitner, Filialleiter vom Spandauer Peek & Cloppenburg-Haus. Anderswo spürt Eitner die Verteuerung durchaus selbst: „Die Preise für Getränke beispielsweise haben sich oft verdoppelt, da werden die Kunden doch überall vorsichtiger.“

Euroverunsicherung bemerkt auch Sebastian Rosendahl, Filialleiter von C & A am Kurfürstendamm. „Die Menschen wissen noch nicht so recht, was ihr Euro wert ist.“ Zunächst sehe es nach einem Schnäppchen aus, eine Hose für 39 Euro ergattert zu haben. „Rechnet der Käufer den Preis zu Hause in DM um, so bekommt er häufig einen Schreck. Achtzig Mark hätte er früher nie für eine Hose hingeblättert.“ Dass die Preise bei C & A nicht gestiegen sind, habe eine interne Untersuchung bestätigt. Für einen leichten Rückgang der Kauflust im April macht Rosendahl deshalb auch nicht den Euro, sondern das Wetter verantwortlich.

„In die Klagen des Einzelhandels will C & A nicht einstimmen“, sagt Thorsten Rolfes, Sprecher der Firma. Auf mögliche Verunsicherungen der Käufer reagiert die Kleiderkette mit klarer Preisgestaltung: „Wir vermeiden 90- und 95-Cent-Preise, die nah an Schwellenpreise heranreichen, diese aber nicht überschreiten.“ Stattdessen setze C & A auf glatte Euro-Beträge, die es dem vorsichtigen Kunden erleichtern sollen, rechnerisch den Überblick zu behalten.

Bei Hennes & Mauritz spürt man ein verändertes Kundenverhalten seit Einführung des Euro „glücklicherweise nicht“. Für das erste Quartal habe das Unternehmen einen Umsatzzuwachs von 16 Prozent verzeichnet, sagte H & M-Sprecher Mathias Geduhn. „Die Kunden bewerten unsere Preisstruktur also durchaus positiv.“

„Wir merken die Zurückhaltung der Kunden“, bilanziert hingegen Jens Holland, Verkaufsleiter der Firma Leiser. Eine allgemeine Preissteigerung durch den Euro hält er gleichwohl für eine Suggestion der Medien. „Unsere Preise wurden exakt nach dem amtlichen Kurs umgerechnet“, sagt Holland. Das Verhalten der Kunden erklärt er außerdem mit der gesamtwirtschaftlichen Lage und dem politischen Umfeld. Dem Umsatzrückgang wirkt das Schuhhaus mit offensiven Werbeauftritten („Wer hat die schönsten Beine“) in Berliner Bussen und U-Bahnen entgegen. „Nichts zu tun wäre jetzt die falsche Strategie“, erklärt Holland.

Die niedrigeren Umsätze in der „insgesamt schwierigen Phase“ sieht das KaDeWe nach Aussagen von Pressesprecherin Dagmar Flade nicht durch den Euro begründet. Das Kaufhaus, bei dem durchschnittlich dreißig Prozent der Kunden aus dem Ausland kommen, habe vor allem seit dem 11. September unter einer Flaute gelitten. Die Lage stabilisiere sich seit April jedoch wieder. Aber auch das KaDeWe verstärkt den Werbeeinsatz und richtet die Aufmerksamkeit der Kunden auf seinen 95. Geburtstag. Und lockt mit einer Uhrenausstellung.

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