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Berlin: Werte müssen gelebt werden

Religion kann niemals neutral vermittelt werden

Von Martin Kirchner Unter dem Motto „Wenn dein Kind dich morgen fragt…“ wird in wenigen Wochen der Evangelische Kirchentag in Hannover stattfinden. Mit dieser Einladung wird erinnert an die so wichtige Pflicht der Älteren, den Jungen gegenüber auskunftsfähig zu bleiben über eigene Standpunkte, Regeln und Entscheidungen des Lebens, auskunftsfähig zu bleiben über die Autoritäten, denen man sich unterordnet oder denen man widersteht, auskunftsfähig zu bleiben über Hoffnungen und Visionen, die das Leben in einem größeren Zusammenhang als nur dem „Hier und Jetzt“ sehen und verstehen können. Kurz: Es geht um die Erinnerung, Werte zu vermitteln.

Dass dies gerade in unserer Zeit wichtig ist, ist weitgehend unstrittig. Dass eine solche Wertevermittlung jedoch nur nachhaltig geschehen kann, wenn sie authentisch ist, ein Stück erprobter Lebensmöglichkeit der Lehrenden widerspiegelt, erscheint mir ebenso unstrittig. Solche Werte aus Religionen und Weltanschauungen können niemals „blutleer“ oder neutral vermittelt werden, sondern bedürfen eben der persönlichen, klar identifizierbaren Position des Lehrers beziehungsweise der Lehrerin, mit der sich Schülerinnen und Schüler auseinander setzen können. So geschieht es zum Beispiel in dem von den Kirchen verantworteten Religionsunterricht. Nächstenliebe und Barmherzigkeit, gegenseitige Achtung und Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde, ein bewahrender Umgang mit unserer Schöpfung sind kostbare Werte, die nicht aus sich heraus schon wirksam sind, sondern mit Leib und Seele in dieser Zeit gelebt werden wollen. Zutrauen und Freude in der Begegnung mit dem jeweils anderen entwickeln sich aus der Lust am Dialog, in dem einer dem anderen sagen kann, was ihn im Leben trägt und umgekehrt und beide aus dem Hören auf den anderen reicher fürs Leben werden.

„Wenndein Kind dich morgenfragt…“, will es keine theoretischen Erörterungen hören, sondern Menschen erleben, die von ihren Werten erzählen, die vermitteln, wie wichtig es ist, sich im Leben, in dieser Welt zu orientieren im Zusammenleben mit den gerade anderen.

Martin Kirchner ist Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Berlin-Wedding. Der Beitrag gehört zu unserer Reihe mit Positionen zum Thema Ethik- und Religionsunterricht. Kirchners Beitrag gingen voraus: Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann (5. März), Bildungssenator Klaus Böger, SPD (6. März), Wilfried Seiring, Direktor des Ausbildungsinstituts für Humanistische Lebenskunde an der TU, (24. März) CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer (27. März), Kultursenator Thomas Flierl, PDS (29. März).

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