zum Hauptinhalt

Berlin: Werteunterricht: CDU will gegen den Senat klagen

Zimmer für Verfassungsbeschwerde. Unterstützung für Bögers Wahlpflichtfach-Modell

Die CDU im Abgeordnetenhaus will bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, sollte die rot-rote Koalition ein verbindliches Wertefach Lebenskunde, Ethik, Religion (LER) einführen. Bei dem von SPD und PDS geplanten Pflichtfach seien die Grundrechte der Schüler auf Religionsfreiheit tangiert, sagte der Fraktionsvorsitzende Nicolas Zimmer bei einer von der CDU veranstalteten Diskussion am Montagabend. Die CDU plädiert wie auch Bildungssenator Klaus Böger (SPD) für ein Wahlpflichtfach, bei dem die Schüler zwischen Ethik/Philosophie einerseits und konfessionellem Religionsunterricht andererseits wählen können. Am Dienstag legte Fraktionschef Zimmer nach und forderte Böger auf, zurückzutreten, wenn er sich innerhalb seiner eigenen Partei nicht durchsetzen könne.

Unterdessen melden sich immer mehr SPD-Politiker zu Wort, die Böger den Rücken stärken. In einem offenen Brief sprachen sich unter anderem Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und Carsten Voigt, Koordinator der deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt, für ein Wahlpflichtfach aus. „Ein staatliches Wertefach für alle liefe Gefahr, in verordnete Religionslosigkeit zu münden und in die Freiheitsrechte der Schüler und ein grundlegendes Erziehungsrecht der Eltern einzugreifen“, heißt es in dem Brief, den auch der Berliner Bundestagsabgeordnete Detlef Dzembritzki, der frühere Regierende Bürgermeister Dietrich Stobbe und der rechtspolitische Sprecher der SPD-Abgeordnetenhausfraktion, Fritz Felgentreu, unterzeichnet haben.

Die Spandauer Sozialdemokraten sind zwar nicht für Bögers Wahlpflichtmodell, sondern für ein einheitliches Pflichtfach LER. Darüber hinaus soll es aber gemeinsame Projekte zwischen dem Pflichtfach und den Kirchen geben. Das neue Fach LER wolle einen Ort der gemeinsamen Wertevermittlung schaffen, sagte der Spandauer SPD-Vorsitzende Swen Schulz. „Das gelingt nur dann, wenn die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften einbezogen werden.“

Wie ideologisch aufgeladen die Stimmung mittlerweile ist, zeigte sich am Montagabend bei der Diskussionsveranstaltung der CDU im Abgeordnetenhaus. Die über 300 Berliner in dem völlig überfüllten Raum waren sich mit den Vertretern der Kirchen und der jüdischen Gemeinde, darunter Kardinal Georg Sterzinsky, auf dem Podium weitgehend einig: Nur Religionslehrer im konfessionellen Religionsunterricht, die den Kindern den Glauben vorleben, können Werte vermitteln. Mit einem gemeinsamen Pflichtfach LER werden den Schülern abstraktes Wissen beigebracht, aber keine dauerhaften Werte. Um besonders glaubhaft zu wirken, leitete fast jeder, der sich aus dem Publikum zu Wort meldete, seinen Beitrag mit dem Bekenntnis ein: „Ich bin praktizierender Christ“. Einer Frau, die an der Universität Potsdam LER unterrichtet, half das allerdings in der Gunst des Publikum nichts. Ihr Plädoyer, man solle sich doch den tatsächlichen LER-Unterricht anschauen, da werde keineswegs nur abstraktes Wissen vermittelt“, ging unter. Der Beitrag eines Norwegers, der von den guten Erfahrungen seines Landes mit einem für alle verbindlichen Wertefach berichtete, wurde damit abgetan, dass das noch viel atheistischer eingestellte Norwegen wohl kaum ein Vorbild für Berlin sein könne.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false