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Berlin: Westberliner sind ärmer dran

In den Ostbezirken fallen die Einkommensunterschiede geringer aus. Jeder siebte Einwohner der Stadt lebt unter der Armutsgrenze

Nicht nur die Regierenden in Berlin haben immer mehr Geldnöte – auch die Armut in der Bevölkerung nimmt zu. Inzwischen müssen 533 000 Menschen gemäß der EU-Kriterien als arm angesehen werden, was einem Siebtel aller Bewohner entspricht. Das gab das Statistische Landesamt am Freitag bekannt. Die Zahlen stammen aus Befragungen für den so genannten Mikrozensus, die Ende 2002 stattgefunden hatten .

Zur Definition von Armut dient ein Vergleichseinkommen. Als arm gilt, wer höchstens über die Hälfte davon verfügt. Die Grenze dafür liegt derzeit bei 606 Euro beziehungsweise 1333 Euro in einem Drei-Personen-Haushalt. Seit 1996 stieg die Armutsquote von 14,1 Prozent auf 15,6 Prozent. Die einzige gute Nachricht lautet, dass die „strenge Armut“ trotzdem abnahm: Der Anteil von Berlinern, die weniger als 40 Prozent des Vergleichseinkommens zur Verfügung haben, beträgt nur noch 5,7 Prozent. Das sind zwei Prozent weniger als 1996.

Je nach Bezirk gibt es starke Unterschiede. In den östlichen Stadtteilen wohnen mehr Bürger mit mittleren Einkommen – also weniger Arme, aber auch weniger Reiche als im Westen. Auffällig ist, dass die fünf Bezirke und Ortsteile mit der höchsten Armutsquote alle im westlichen Stadtgebiet liegen: Kreuzberg (28,1 Prozent), Wedding (27 Prozent), Neukölln (23,7 Prozent), Schöneberg (23 Prozent) und Tiergarten (21,9 Prozent). Dagegen gibt es die geringsten Armutsanteile in Zehlendorf (4 Prozent), Pankow (8,3 Prozent), Köpenick (8,6 Prozent), Steglitz (8,9 Prozent) und Treptow (9,4 Prozent).

„Keine Überraschung“ nannte Horst Schollinger vom Statistischen Landesamt die ermittelten Hauptursachen für leere Geldbörsen. Dazu gehört der Nachwuchs: Mehr als die Hälfte aller Haushalte mit drei oder mehr Kindern liegt unter der Armutsgrenze. Dabei spielt es keine Rolle, in welcher Partnerschaft die Eltern leben. „Kinder erhöhen das Armutsrisiko bei Ehepaaren wie bei Lebensgemeinschaften“, sagte Schmollinger. Bei Alleinerziehenden mit Kindern beträgt die Quote knapp 28 Prozent.

Die Kinder und Jugendlichen selbst machen rund 30 Prozent der Bedürftigen in Berlin aus. Dagegen ist das Risiko der Altersarmut eher klein. Bei den über 65–Jährigen sind sechs Prozent betroffen.

Bei weiteren Faktoren sehen die Statistiker wiederum „Alltagsweisheiten bestätigt“. Überdurchschnittlich hoch ist die Zahl sozial Benachteiligter unter Ausländern und Menschen ohne Schul- oder Berufsabschluss.

Immerhin schließt Schmollinger aus den Zahlen, dass das „soziale Netz noch immer sehr dicht geknüpft ist“. Denn Zuschussempfänger machen im Vergleich zu früher einen kleineren Teil der Armen aus. Von den Sozialhilfeempfängern liegen heute 55,5 Prozent unter der statistischen Einkommensgrenze, 1996 waren es noch 69,5 Prozent. Auch die Bezieher von Arbeitslosengeld und -hilfe rutschen nicht mehr so oft in die Armut ab (1996: 38, 4 Prozent; jetzt: 36 Prozent).

Künftig will das Statistische Landesamt jährlich einen Armutsbericht vorlegen. Er ist vor allem als „Frühwarnsystem“ für Politiker gedacht.

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