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Die Ruhe selbst. Jeanette Fraede arbeitet seit 25 Jahren als Sekretärin an der John-F.-Kennedy-Schule in Zehlendorf.

© Thilo Rückeis

Wettbewerb: Die vielleicht beste Sekretärin Berlins

22 Bewerbungen gab es – darunter keinen Mann: Anlässlich des "Secretary Day" wird Jeanette Fraede für ihre Arbeit an einer Grundschule ausgezeichnet. Was hat sie zu der Sekretärin gemacht, die sie heute ist?

Sie ist Yoga-Lehrerin, Atemtherapeutin, Arzthelferin, Ex-Bäuerin und angeblich Berlins beste Sekretärin: Jeanette Fraede sitzt entspannt in ihrem Büro in der John- F.-Kennedy-Grundschule in Zehlendorf. Eigentlich findet sie den Raum etwas zu klein geraten. Doch sie hat sich arrangiert. Die Tür bleibt immer offen, auf dem Tisch stehen Bonbons und Blumen. Ab Montag soll ein kleiner Award daneben Platz finden. Die Betreiber des Humboldt Carrés, eines Konferenzzentrums in der Behrenstraße, wollen Fraede am Montag auszeichnen. Aber warum eigentlich?

„Für das, was Schulsekretärinnen eben so machen“, sagt Fraede und zuckt mit den Schultern. Papierkram, E-Mails beantworten, Dinge organisieren, Ansprechpartnerin sein für Schüler und Eltern. „Die Arbeit ist vielseitig und man darf sich nicht davon überrollen lassen.“ Aber preiswürdig? Nein, sie habe die gleiche Arbeit wie viele Schulsekretärinnen. „Aber es ist schön, dass mit mir stellvertretend dieser Job gewürdigt wird.“

Innerhalb kurzer Zeit kommen zwei Schüler in ihr Büro. Einer glaubt, er habe Fieber, dem anderen ist übel. Fraede misst die Temperatur, redet den Jungs gut zu. Auf Englisch und Deutsch, auch das gehört zu ihrem Job an der zweisprachigen Schule mit vielen US–amerikanischen Kindern. Doch vor allem zeugt es vom ersten Teil ihres Lebens, der sie wohl auch zu der Sekretärin gemacht hat, die sie heute ist.

Fraede nämlich hat lange im Ausland gelebt, und vorher, sie weiß gar nicht mehr genau wann, hat sie eine Ausbildung zur Arzthelferin gemacht. Mit Anfang 20 zog sie mit ihrem damaligen Mann von Berlin in ein Kaff in Nordirland, kaufte eine kleine Farm, hütete Ziegen und führte einen Kunstgewerbeladen. Es war ihr Traum. 14 Jahre lang.

Die Ruhe, die die heute 64-Jährige aus dieser Erfahrung und dem Yoga zieht, das sie praktiziert und lehrt, hat sie 1987 mit an die Schule genommen. Davon ist Schulleiter Reinhard Roth überzeugt, der Fraede mit einem Empfehlungsschreiben für den Wettbewerb anmeldete. Insgesamt 22 Bewerbungen gab es, sagt Constanze Lülsdorf, die die Idee hatte, den Wettbewerb ins Leben zu rufen. Männer waren keine unter den Bewerbern, „obwohl das möglich gewesen wäre“.

Den Wettbewerb gibt es zum ersten Mal. Vorbild ist die amerikanische Tradition des „Secretary Day“, bei dem es sich um eine Art Muttertag für Sekretärinnen handelt. „Die Chefs sollen ihren Angestellten eine Freude machen und sie wertschätzen“, sagt Lülsdorf. Natürlich richtet das Humboldt Carré anlässlich dieses selbsterfundenen Secretary Day am Montag auch gleich eine Veranstaltung mit Buffet und Abendprogramm aus. Chefs sollen ihren Sekretärinnen die Teilnahme schenken.

Der Preis für die beste Sekretärin Berlins ist also auch eine PR-Aktion. Aber eine, die mit Fraede nicht die Falsche erwischt hat. „Ich habe an meiner Schule einen Bogen um die grimmige Sekretärin gemacht“, erzählt sie. Zu ihr aber kommen die Kinder gerne. Und so ist es vielleicht auch egal, ob sie wirklich die Beste ist.

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