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Berlin: Wetter: Aus allen Wolken

Meteorologen sind anders. Sie leiden nicht wie der restliche Teil der Menschheit, wenn sie derzeit aus dem Fenster blicken.

Meteorologen sind anders. Sie leiden nicht wie der restliche Teil der Menschheit, wenn sie derzeit aus dem Fenster blicken. Fluchen nicht. Werden auch nicht depressiv. Denn das Wetter, erklären die Meteorologen dieser Tage fröhlich, hält sich nicht nur an ihre Vorhersagen - es schreibt dabei auch noch Rekorde: "Normalerweise regnet es im gesamten September 45 Liter pro Quadratmeter", sagt Thomas Globig vom Wetterdienst Meteofax - und setzt dann genüsslich hinzu: "87 Liter hat es schon jetzt geregnet!"

Als "beachtlich" bezeichnet Globig aber nicht nur die Regenmassen. "Beachtlich" sind auch die Temperaturen: 19 Grad wären Mitte September normal, wärmer als 12 Grad wurde es am Dienstag nicht. "Das ist der unterste Rand des derzeit Möglichen", sagt Globig. Hier bewegen wir uns schon seit geraumer Zeit: Am 3. September schaffte es die Temperatur zum letzten Mal über die 20-Grad-Marke - seitdem fast nichts als Regen, Wolken, Kälte.

Unangenehm, aber nichts, was Klimaforschern Sorgen machen würde. "Sowas kommt immer wieder mal vor", sagt Globig. Im Herbst vor 30 Jahren beispielsweise, dann 1993 und auch der letzte September zeigte sich in seiner Mitte von der eher bescheidenen Seite: mit 12 Grad, wie gestern eben. Natürlich, sagt Globig, geht es auch ganz anders. 1934 haben die Berliner 28 Grad gemessen, 1947 waren es 33 Grad. Auch extrem, aber von der eindeutig angenehmeren Sorte.

Wer sich nach einem "echten" Septembertag sehnt - mit 19 Grad, blauem Himmel und ein paar Wolken - sollte auf den heutigen Mittwoch setzen. Denn ab Donnerstag soll es gleich wieder anders aussehen. Der ewige Dauerregen ist laut Vorhersage zwar erst einmal überstanden, doch die Wolkendecke wird morgen wieder dichter, der Wind kälter, die Schauer häufiger... Es sind nicht nur die Menschen, die unter diesem viel zu frühen Spätherbst leiden, auch die Qualität des Obstes nimmt im Immer-Nass beträchtlich Schaden: Äpfel, Pflaumen, Birnen. "Das Zeug platzt und fault", sagt Globig.

Eine Tiefdruckrinne, die sich von der Nordsee bis zum östlichen Mittelmeer erstreckt, bestimmt derzeit das Wetter und trägt kühle Meeresluft durch das Land. Vergessen wir den September, hoffen wir auf einen goldenen Oktober. "Das kann schon sein, dass der sich noch einstellt", sagt Globig. Denn nach einer langen unbeständigen Wetterphase sei es eher wahrscheinlich, dass sich anschließend eine "beständige Hochdrucklage" einstelle. Wer aber glaubt, dass es Globig bei dieser guten Nachricht belässt, irrt. "Das muss zu dieser Jahreszeit gar nichts heißen." Da möchte man am liebsten weghören, aber es hilft ja nichts. Der Herbst, erklärt Globig also, bringe oft Nebel mit sich, der den goldenen Oktober dann grau übertünche. Von morgens bis abends. Dem Hochdruckgebiet zum Trotz. Die Meteorologen finden das vermutlich "beachtlich".

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