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Wetter: Jetzt wird mit dem Winter abgerechnet

Ein Winterdienst-Mitarbeiter muss Geldstrafe zahlen, weil sich ein Rentner den Arm gebrochen hat. Die nächsten Tage bleiben überwiegend eisfrei.

Berlin - Wenn eine schmerzhafte Schlitterpartie vor Gericht landet, dann sieht es oft schlecht aus für Glatteis-Opfer. „Das wusste ich, habe aber trotzdem Anzeige erstattet“, sagte der 83-jährige Hans-Joachim R., der vor einem Jahr auf einem spiegelglatten Gehweg gestürzt war. Er hatte sich einen komplizierten Bruch des rechten Oberarms zugezogen. Er wollte, dass der Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen wird. Am Freitag gab ihm das Amtsgericht Tiergarten recht: Wegen fahrlässiger Körperverletzung erging gegen einen damaligen Mitarbeiter eines Winterdienstes eine Strafe von 900 Euro: 30 Tagessätze zu je 30 Euro.

Zwar hatte Andreas J. an jenem Tag Ende Januar in seinem Bereich einer Reinickendorfer Straße Sand und Granulat gestreut, aber schon am Morgen. Aus Sicht des 35-Jährigen war das ausreichend. „Ich habe meine Arbeit jahrelang zuverlässig gemacht“, beteuerte er. Doch die Witterung sei am Nachmittag umgeschlagen und er angesichts des Blitzeises machtlos gewesen. „Da waren auch keine Huckel auf dem Gehweg“, behauptete er. Fotos von der Unfallstelle aber zeigten dem Richter deutlich: „Die Grundfläche war schlecht bearbeitet.“ Festgetretener Schnee sei einfach überstreut worden. „Durch das schlechte Räumen haben Sie die Gefahr gesetzt“, hieß es im Urteil. Das hätte J. erkennen können und zumindest intensiver streuen müssen.

Vor allem bei dem Blitzeis am Donnerstag ereilte zwar Hunderte Berliner ein ähnliches Schicksal wie den Kläger, aber in den nächsten Tagen drohen keine großen Gefahren. Die meisten Dachlawinen sind zu Boden gerauscht oder abgeräumt worden, die Gehwege nur selten glatt. Am Freitag war die Feuerwehr eher mit Wasserschäden an eingefrorenen und nun aufgetauten Leitungen beschäftigt.

Das Wochenende wird selbst die härtesten Eisbrocken erweichen: Etwa zehn Grad Höchsttemperatur, Wind und etwas Sonne prophezeit Dennis Dalter vom Wetterdienst Meteogroup für Sonnabend. In der Nacht komme Regen hinzu, und am Sonntag werde es mit etwa sieben Grad wieder mild. In der Nacht zu Montag allerdings könnten bei ungefähr null Grad wieder einige Schneeflocken zwischen den Regentropfen sein und bei etwa zwei Grad Höchsttemperatur überlebt der Matsch auch eine Weile. Nach einem noch kalten Dienstag soll es aber in der zweiten Wochenhälfte wieder deutlich milder werden. Ein erneuter Wintereinbruch deute sich allenfalls für die zweite Januarhälfte an – und sei dementsprechend ungewiss.

Meteogroup versorgt auch die Stadtreinigung mit Wetterprognosen. „Mit einem Auge gucken wir weiter aufs Thermometer“, sagt BSR-Sprecher Bernd Müller. Das andere Auge ist naturgemäß auf jenes kaum zu übersehende Gemisch aus Splitt, Böllerresten und dem ganzen Straßendreck der vergangenen Wochen gerichtet, der leider nicht gemeinsam mit dem Schnee verschwindet. Nach Auskunft von Müller sammelt die BSR schon am Wochenende das Gröbste ein. In der kommenden Woche können dann wieder die Kehrmaschinen eingesetzt werden – gemäß den üblichen Prioritäten zunächst auf den Hauptstraßen und dann nach und nach auch auf Nebenstrecken und in Wohngebieten. Außerdem werden von Montag an die ausrangierten Weihnachtsbäume abgeholt. In jedem Altbezirk gibt es zwei Abholtermine.

Das Tauwetter bedeutet auch in Berlin steigende Flusspegel, was zurzeit vor allem entlang der Havel sichtbar wird. Aber laut Polizei ist die Lage nicht dramatisch, und Spree und Dahme werden ohnehin über Schleusen reguliert. Für die Berliner Wasserbetriebe (BWB) ist die Brühe auch keine wirkliche Herausforderung. „Selbst wenn alles in einer Stunde tauen würde, wäre es weniger als bei einem ordentlichen Sommergewitter“, sagt BWB-Sprecher Stephan Natz. Ein Teil versickere auch gut, weil der Boden unter der isolierenden Schneedecke nicht allzu tief gefroren war.

Der Dreck aus dem Abwassernetz wird zwar im Klärwerk zu 95 Prozent beseitigt, aber das Tausalz gelangt in die Gewässer. „Für Heringe in der Havel ist die Konzentration aber zu gering“, sagt Natz.

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