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WG-Leben: Eine Dusche für acht Leute

Bunt und zahlreich: So ist die WG in der Finowstraße. Deshalb planen die acht WG-Bewohner gegen das Chaos an, um den morgendlichen Stau vor der einzigen Dusche zu verhindern.

Wenn das Telefon klingelt, nimmt keiner ab – obwohl in der Wohnung gleich acht Leute zu Hause sind. „Ich habe aufgegeben. Das Gespräch ist meistens nicht für einen selbst, und wir müssten dann richtige Mitteilungslisten schreiben“, sagt Claudia S., 18 Jahre alt und Studentin der Politikwissenschaft an der FU. Wie die meisten ihrer Mitbewohner in der Friedrichshainer Finowstraße ist sie zum Studieren nach Berlin gekommen. Das Semester beginnt, und damit geht auch in der Mega-WG die Geschäftigkeit los.

Zwei Toiletten gibt es immerhin, aber nur eine Dusche. Da ist morgens Tania P. die Erste, so gegen sechs. Die Spanierin ist von Las Palmas, also von den Kanaren, gerade für ein Praktikum am Vivantes-Klinikum in Friedrichshain nach Berlin gezogen. „Ich will Ärztin werden, und in einer Stadt wie Berlin damit zu beginnen, ist einfach großartig“, sagt die 18-Jährige im gemeinsamen Wohnzimmer. Das Wohnzimmer: ein EM-Plakat, eine Riesencouch, ein großer Tisch, ein Kicker, ein großer Flachbildfernseher. In dem lief bis eben „Sex and the City“.

Durchorganisiert statt Laisser-faire

Mit Intimsphäre kann es im Zimmer von Claudia schon mal schwierig werden, denn das teilt sich die Mecklenburgerin mit mit Spanierin Tania und der Kurt-Schwitters-Gesamtschülerin Izabella C. aus Polen. „Da muss man sich halt organisieren“, sagen die WG-Frauen grinsend. Das Leben an der Finowstraße ist ziemlich durchorganisiert, nichts da mit Laisser-faire. „Ich habe mal in einer Vierer-WG, gewohnt, da ging es wesentlich chaotischer zu“, sagt Hauptmieter Dominic T., Bayer aus München, BWLer mit Abschluss, Immobilienfachmann und mit 35 der Oldie daheim. Alle halten sich an die selbst aufgestellten Regeln, weswegen T. immer noch WG-Fan ist. „Papa“ nennen ihn die anderen scherzhaft. Die Zimmer kosten zwischen 250 und 350 Euro, sie werden über WG-Börsen online angeboten. Der Boden ist blitzblank, im Putzplan am Kühlschrank wird die getane Arbeit mit einem Kreuzchen vermerkt, und die Absprache klappt auch über SMS, Mail – oder das „White Board“ in der Küche. Da werden Ausflugsideen ins Kino oder zur Paintball-Farbschlacht eingetragen. In der Küche stapelt sich aber schon mal Geschirr.

Anita H., 24, kam aus Dänemark nach Berlin, um „BWL und Sozialwissenschaft an der HU zu studieren und Deutsch zu lernen“. Mit dem Haus versteht sich die Mammut-WG gut, vor der letzten Party gab es Sekt für die Nachbarn. Beim Briefkasten und beim Holzregal im Bad kommen die Bewohner aber kaum mit dem Aktualisieren der Namensschilder hinterher, so oft zieht einer ein oder aus. Lustig sei, dass man sich untereinander meist über zwei, drei Bekannte kenne. Und das, obwohl Torey S. aus Manhattan Beach, Kalifornien, fürs FU-Studium der Germanistik, Stadtplanung und Politikwissenschaft nach Berlin zog. Einmal hat sie mit noch mehr Leuten zusammengewohnt, aber das war in einem kleinen Haus. Ihr Lieblingsfilm? „L’Auberge Espagnole“. Da geht’s, natürlich, um das Leben in einer WG.

Annette Kögel

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