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Berlin: „Wichtig für die Integration muslimischer Frauen“

Nachdem Frauenrechtlerin Ates ihre Kanzlei aufgelöst hat, gibt es bundesweit Solidaritätsbekundungen

Berlin - Der Rückzug der Berliner Rechtsanwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ates hat bundesweit Bestürzung ausgelöst. Die frühere Frauenministerin und Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) forderte Personenschutz für Ates. Süssmuth sagte, Frauen wie Ates, die sich nie gegen ihre Ursprungskultur gestellt hätten und das Leben in zwei Kulturen vorlebten, seien „eminent wichtig für die Integration vor allem muslimischer Frauen. Wenn sie sich jetzt zurückzieht, haben diejenigen gewonnen, die sie bedrohen. In diesem Moment hat eine demokratische Gesellschaft unter Beweis zu stellen, dass sie nicht zurückweicht.“ Wie der Tagesspiegel am Sonntag berichtete, hat die Juristin, die viele Migrantinnen in Scheidungsverfahren und gegen gewalttätige Ehemänner vertrat, ihre Anwaltszulassung zurückgegeben, nachdem sie mehrfach bedroht und angegriffen worden war.

Auch Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet äußerte sein Bedauern: „Dass sie jetzt die Konsequenzen gezogen und ihre Anwaltszulassung zurückgeben hat, ist menschlich nur allzu verständlich“, sagte Laschet. Dies sei aber „auch ein Verlust für all jene, die weltweit für die Rechte der Frauen kämpfen. Die Verletzung von Frauenrechten verstößt gegen unsere Verfassung.“

Der Deutsche Juristinnenbund forderte Berlins Innensenator Ehrhart Körting auf, Ates Personenschutz zu geben. „Personenschutz bekommen viele, die sich lediglich wichtig fühlen. Seyran Ates ist wichtig“, sagte die Vorsitzende des Juristinnenbundes, Jutta Wagner. „Wir fordern von Migranten stets, dass sie sich an die Gesetze halten. Dazu gehört auch, dass Männer es akzeptieren, wenn ihre Frauen sich von ihnen trennen und dass sie Unterhalt zahlen.“ Der Verband will eine Solidaritätsaktion für Ates starten.

Der Bundesverband der Migrantinnen sagte, man respektiere Ates’ Entscheidung. Es sei „verständlich, dass sie sich nach ihren Erfahrungen dazu gezwungen sah“, sagte die Bundesvorsitzende Sidar Demirdögen. Was ihr widerfahren sei, habe seinen Grund in „patriarchalischen Mentalitäten, die gebrochen werden müssen“.

In den türkischen Medien bleibt die Resonanz allerdings gering. Nicht einmal dem im Bezirk Wedding ansässigen türkisch-deutschen Kabelsender TD1 war das Schicksal von Seyran Ates – bis zum Redaktionsschluss am Montag – eine Nachricht wert. Auch die Nachrichtenlage in den türkischen Zeitungen, die in den Berliner Kiosken verkauft werden, war seit Bekanntwerden der Kanzleiauflösung dürftig. Nur die Hürriyet hat berichtet, dass „Ates das Handtuch geworfen hat“. Informiert waren gestern daher nur die Türken, die auch deutsche Medien nutzen. „Ich bedauere sehr, dass sie ihren Kampf aufgegeben hat“, sagte gestern der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde zu Berlin, Tacittin Yatkin. Allerdings könne er verstehen, dass sie sich unsicher fühle.

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