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Berlin: Wider den Fundamentalismus

Neukölln und Essen entwickeln einmaliges Präventivprojekt für Jugendliche

Es ist noch gar nicht lange her, da versetzte ein kleines Video muslimische Jugendliche in Angst und Schrecken. Die Sequenz, die weltweit per Internet verbreitet wurde, ging ungefähr so: Ein Mädchen stört seine Mutter beim Beten, geht in Flammen auf und am Ende bleibt von ihr nur ein kleines hässliches Tier übrig.

Wie sollen Lehrer, Sozialpädagogen oder Schulfreunde reagieren, wenn ein Kind eine derartige Botschaft glaubt und auf sich überträgt? Oder wenn es in Sachen „Karikaturenstreit“, „11. September“ oder „Libanonkrieg“ mit einseitig gefärbten Informationen gefüttert wird und sich immer stärker in islamistischen Denkstrukturen verfängt?

„Wir wollen den Lehrern Mut machen, sich damit auseinanderzusetzen und ihnen Wissen an die Hand geben“, sagt Christoph Müller-Hofstede von der Bundeszentrale für politische Bildung. Aber das ist noch lange nicht alles: In Neukölln wird ein kleines Büro eingerichtet. Von hier aus sollen Fachleute und geschulte Jugendliche je nach Bedarf und Anfrage in Einrichtungen wie Schulen oder Jugendklubs gehen, in denen sie gebraucht werden. Müller-Hofstede nennt das eine „Präventivstrategie gegen Radikalisierung“.

Die Bundeszentrale für politische Bildung arbeitet daran nicht allein. Sie hat sich schon vor Monaten zusammengetan mit Spezialisten aus Essen und Neukölln, die bereits seit einiger Zeit ihre Erfahrungen etwa mit libanesischen Problemfamilien austauschen. Gestern wurde bei einem Workshop ausgelotet, in welcher Weise man vorgehen könnte, wenn das Projekt „Voneinander lernen“ im Januar 2007 losgeht.

Finanzielle Starthilfe kommt unter anderem aus dem Bezirksamt Neukölln. Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) ist ganz begeistert von dem Austausch mit der Stadt Essen. Dort gibt es schon seit etwa 25 Jahren Quartiersmanagement und längst auch eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Moscheevereinen. Im Stadtteil Katernberg haben beispielsweise rund 50 Prozent der Jugendlichen einen Migrationshintergrund und keine berufliche Perspektive, so dass sie empfänglich sind für fundamentalistische Ideologien.

„Wir starten eine Gegenbewegung. Wir verteidigen die Demokratie“, brachte gestern Arnold Mengelkoch vom Jugendamt Neukölln das hoch gesteckte Ziel des gemeinsamen Projekts auf den Punkt. Eine wichtige Rolle sollen dabei ältere Jugendliche oder auch Künstler mit Migrationshintergrund spielen, die leichter in die Milieus vordringen und Klischees aufbrechen können – Klischees, die bisher einen offenen Dialog behindern.jku/sve

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