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Michael Schäfer ist Sprecher für Energiepolitik der Grünen und seit 2006 Mitglied des Abgeordnetenhauses. Er ist Verwaltungswissenschaftler und freier Texter.

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Berlin: Wie Berlin doch noch gewinnen kann Gastbeitrag des grünen Energiepolitikers Schäfer

600 000 Berlinerinnen und Berliner wollten am Sonntag per Gesetz ein starkes Stadtwerk gründen und sind am Quorum gescheitert. Die demokratische Kultur in Berlin hat verloren durch die Termintrickserei und weil der Senat seinen Vorschlag gar nicht zur Abstimmung gestellt hat.

600 000 Berlinerinnen und Berliner wollten am Sonntag per Gesetz ein starkes Stadtwerk gründen und sind am Quorum gescheitert. Die demokratische Kultur in Berlin hat verloren durch die Termintrickserei und weil der Senat seinen Vorschlag gar nicht zur Abstimmung gestellt hat. Verloren hat auch der Senat: Seinem Aufruf, „Nein“ zu stimmen, sind nur 4,9 Prozent der Wahlberechtigten gefolgt. Berlin stand an der Weggabelung, und der Volksentscheid sollte entscheiden, in welche Richtung es geht. Aber Berlin hat sich nicht für den Weg des Energietisches entschieden – und es hat auch den Weg des Senats abgelehnt. Es war ein Volksentscheid ohne Entscheidung. 600 000 Berliner – keine Partei hatte 2011 annähernd so viele Wähler – haben uns den Auftrag gegeben, einen anderen Weg zu finden.

Volksentscheide polarisieren. Jetzt brauchen wir die Differenzierung, die Arbeit im Detail und die Kunst, Kompromisse zu schließen. Kurz: Jetzt ist die Stunde des Parlaments. Wir sollten den Volksentscheid als Auftrag begreifen, mal mit den üblichen Ritualen zu brechen. Setzen wir uns fraktionsübergreifend zusammen, laden wir Experten und Praktiker zu uns ein und entwickeln wir gemeinsam ein vernünftiges Stadtwerk. Dazu sollte das Abgeordnetenhaus einen Sonderausschuss „Stadtwerke“ einsetzen, mit dem Auftrag, im Konsens zu erarbeiten, welche Projekte das Stadtwerk zuerst angeht und welche Struktur es bekommt. Mit diesem Ausschuss sollten wir auch endlich die Aufgabe angehen, öffentliche Gebäude zu dämmen, um die Energiekosten des Landes in den Griff zu kriegen und Arbeitsplätze zu schaffen. Vom Energietisch bis zur IHK besteht doch Einigkeit, dass es eine Institution braucht, die den Klimaschutz in Berlin endlich vorantreibt. Wir sollten gemeinsam ein Stadtwerk entwickeln, das diese Aufgabe übernimmt.

Dieser Weg braucht Mut. Von der Regierung, weil sie andere mitentscheiden lässt. Von der Opposition, weil sie die Regierung gut dastehen lässt. Aber nur wenn wir diesen Mut aufbringen, hat der Volksentscheid einen Gewinner: Berlin.

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