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Wie das Zooviertel entstand: Zwei Visionäre: Schwebes und Schoszberger

Sie prägen die Gegend um den Zoo bis heute. Paul Schwebes und Hans Schoszberger entwarfen das "Zentrum am Zoo", zudem auch das Bikinihaus gehörte.

In den „Furious Fifties“ galt das Gebäudeensemble „Zentrum am Zoo“ mit dem Bikinihaus als visionär. Hier ratterten ab 1957 die Nähmaschinen der Damenoberbekleidung und trieben den „Berliner Chic“ ohne Konkurrenz aus Düsseldorf und München voran.

Gegenpol zur NS-Architektur

Noch futuristischer als der tatsächlich gebaute Komplex war aber der Urentwurf von Paul Schwebes, den er beim städtebaulichen Wettbewerb 1948/49 für den Wiederaufbau des Zooviertels vorstellte. Seine Pläne entsprachen vollkommen Hans Scharouns Idee einer modernen Stadtlandschaft – ein Gegenpol zur Axialität und Monumentalität der NS-Architektur. Und so gewann Schwebes den Wettbewerb mit einem Konzept, das sich von der traditionellen Blockrandbebauung verabschiedete, locker und ungeometrisch war. Aber das Projekt wurde nie realisiert.

Ein Künstler im Mantel des Architekten

Sechs Jahre später bekam er den alleinigen Auftrag für das „Zentrum am Zoo“. Realisiert hat er das Bauvorhaben aus durchlässig verzahnten Baukörpern dann gemeinsam mit Hans Schoszberger, mit dem er ab 1956 am Ku’damm ein Büro hatte. Zu dieser Bürogemeinschaft war es gekommen, weil Schwebes im Frühjahr 1956, mitten in der Hochphase des Baubeginns, einen Herzinfarkt erlitt und dringend Unterstützung benötigte. Schwebes, der sich als Künstler verstand und das größte Architekturbüro im Berlin der 50er Jahre betrieb, war von den Senatsspitzen und dem Senatsbaudirektor Hans Stephan, einem ehemaligen Mitarbeiter von Albert Speer, konstant unter Druck gesetzt worden. „Immer wieder griffen sie ein und machten ihm das Leben schwer“, erzählt Architekturhistoriker Peter Lemburg. Mal ging es um die Fassadengestaltung, mal um die Farben.

Hans Schoszberger hingegen, der schon ab 1954 an den Planungsrunden für das Projekt am Zoo teilgenommen hatte, war Vorsitzender im Berlin-Verband des Bundes Deutscher Architekten (BDA) und ein Berater der Internationalen Bauausstellung (IBA) 1957 – ein Funktionär, der mit Stephan und seinesgleichen umgehen konnte. Durch seine redaktionelle Mitarbeit bei der Neuen Bauwelt nach 1948 war er auch gut informiert und vernetzt. Ab Sommer 1956 bis 1968 waren er und Schwebes, der wenige Monate nach seinem Infarkt wieder an die Arbeit ging, dann Partner und realisierten mehrere Dutzend Projekte. „Sie duzten sich, was ungewöhnlich war in dieser Zeit“, sagt Lemburg.

Schwebes gehörte zu den meist beschäftigten Architekten in Berlin

Beide waren jenseits der 40 und keine Berufsanfänger mehr, als sie ihr gemeinsames Büro gründeten. Paul Schwebes, der 1902 in Pommern geboren wurde, hatte 1927 sein Studium als Diplom-Ingenieur in Berlin abgeschlossen und kurz danach eine Stelle bei Bruno Paul, einem Wegbereiter der modernen Zweckarchitektur, angetreten. 1933 eröffnete er sein erstes eigenes Büro und lebte ab 1940 im Hansaviertel. „Er gehörte nicht unbedingt zur ersten Garde der Architekten, aber es ging ihm nicht schlecht“, berichtet Lemburg. Nach dem Krieg avancierte Schwebes schnell zu einem der am meisten beschäftigten Berliner Architekten und bezog ein Haus in Dahlem.

Sein späterer Partner Schoszberger, Jahrgang 1907, wurde in Mähren geboren und betrachtete sich nicht als Deutscher, sondern als Tscheche – so jedenfalls hat er es in seinem Eintrittsgesuch zum Architekten- und Ingenieur-Verein 1952/53 formuliert. 1934 promovierte er über baulichen Luftschutz und arbeitete ab 1940 bei Ernst Neufert, dessen Buch zur Bauentwurfslehre noch heute zu den Standardwerken der Architektur zählt. In Neuferts Büro war er für das Thema Bunkerbau im Wohnungsbau zuständig und machte sich auf diesem Gebiet einen Namen. Schwebes und Schoszberger gründeten eines der erfolgreichsten Architekurbüros ihrer Zeit und gaben Berlin mit zahlreichen Hotels, Kaufhäusern, Geschäfts- und Bürohochhäusern ein modernes Gesicht.

Buchtip: Adrian von Buttlar, Kerstin Wittmann-Englert, Gabi Dolff-Bonekämper (Hrsg): Baukunst der Nachkriegsmoderne. Architekturführer Berlin 1949–1979; Reimer Verlag, Berlin 2013, 502 Seiten, 29,90 Euro.

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